Kopfzerbrechen
eikesmom, Donnerstag, 17. August 2006, 13:21
Bin heute früh um 5 mit einem Mega-Schädel aufgewacht. Ich hatte gestern keinen Kaffee getrunken und überhaupt zuwenig Flüssigkeit getrunken - das rächt sich.
Dazu kommen dann die Sorgen und Gedanken, was alles auf mich zukommt. Die Reha. Ich muss den Koffer packen, der wird morgen abgeholt. Wie verkraftet mein 5jähriges Kind die Trennung von mir? Er hat neulich abends schon geweint, als ihm klar wurde, dass ich bald drei Wochen weg bin.
Dann habe ich mich schon beworben und muss mich also auch noch auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten, das noch vor der Reha stattfindet. Ich mache mir Gedanken, ob ein Vollzeitjob jetzt das Richtige ist, ich würde gern 25 oder 30 Stunden in der Woche arbeiten, aber bevor ich arbeitslos bin, nehme ich lieber einen Vollzeitjob. Aber was ist dann in einem Jahr, wenn mein Sohn in die Schule kommt?
Seufz, als ich noch klein war, war meine Mutter immer zuhause, es gab ein Mittagessen und meine Mutter half auch mal bei den Hausaufgaben. Ich halte das für sehr wichtig und möchte, dass auch mein Kind so aufwächst. Aber ich brauche auch das Geld aus dem Job...
brittaplus
17.08.2006 21:11
Alles Gute fuer das Vorstellungsgespraech und die Reha! Viel Zeit um sich positive Gedankenbilder fuer die Zukunft zu malen (kein Gruebeln!)...
Bis bald!
Danke!
Ja, das Grübeln sollte ich mal sein lassen. Das sagen mir viele, die mir nahestehen. Muss was dran sein.
Der Koffer für die Reha ist fast fertig, wieder ein Stück geschafft. Ich werd immer nervös, wenn noch so viele Dinge anstehen, die noch nicht erledigt sind.
schluesselkind
17.08.2006 23:56
Leider kann ich dazu jetzt nichts aus erster Hand sagen, aber ich habe mal von einer Studie gelesen, die besagte, dass es für die Kinder am wichtigsten ist, dass die Mutter zufrieden ist. Auch wenn sie beruflich gebunden ist. Es war eine Studie aus Frankreich, wo die Frauen sowieso ein anderes Selbstverständnis haben und nicht sofort unter dem Rabenmutter-Gewissen leiden. Es ist zwar sicher nicht leicht, aber tun Sie das, was sich für Sie besser anfühlt. Und ich vermute mal, jenseits des Geldes brauchen Sie doch auch die Beschäftigung und die Menschen um sich herum. Ich wünsche Ihnen jedenfalls auch alles Gute, versuchen Sie, den Kopf frei zu bekommen und Vertrauen zu haben, dass sich die Dinge gut fügen werden. Und entschuldigen Sie, wenn ich hier ungefragt mit Ratschlägen herumschwafele... ;-)
Jenseits des Geldes
In der Tat wirkt sich meine Zufriedenheit auf mein Kind aus, das kann ich so unterschreiben. Es ist allerdings für mich schwierig zu unterscheiden, ob bei mir das Rabenmutter-Gewissen zuschlägt (d.h. ich vermeintliche Bedürfnisse meines Kindes befriedige) oder ich meine eigenen Bedürfnisse befriedige. Ich kann mir auch nicht einfach vorstellen, was wäre, wenn mein Kind nicht da wäre, um das zu entscheiden. Das klappt nicht, weil das Leben mit Kind sich total vom Leben ohne Kind unterscheidet und somit nicht nur ein Parameter im Gedankenexperiment geändert wird. Es krempelt das Leben vollständig um.
Und um nochmal auf den Faktor Geld zurückzukommen: Es reicht, wenn ich Teilzeit arbeite, es reicht nicht, wenn ich gar nicht arbeite.
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Sichtbar werden
eikesmom, Mittwoch, 16. August 2006, 01:33
Ich knüpfe hier an einen
Kommentar von
brittaplus an: "
In einem Gedicht von David Whyte heißt es:
"To be human is to become visible while carrying what is hidden as a gift to others". "
Das Geschenk an die anderen ist zunächst unsichtbar für uns selbst und für die anderen. Vielleicht ist es für einen selbst (zunächst) unwichtig, welches Geschenk man für andere bereithält. Meine Freundin J. sagte hierzu:
Vielleicht ist man selbst das Geschenk, und wenn man sich den anderen zeigt, wird es viele geben, die etwas für sich Wundervolles finden, vielleicht sogar die Dinge, die man selbst nicht sieht und die man dadurch lernen kann zu sehen.
Aus der Isolation befreit
eikesmom, Montag, 14. August 2006, 23:48
Heute morgen kurz vorm Aufwachen träumte ich eine neue Erkenntnis. Man sollte sich so etwas gleich aufschreiben, damit man es nie wieder vergisst. Okay, so halbwegs bekomme ich es noch zusammen, aber so klar wie heute morgen ist es leider nicht mehr. Wird also Zeit, es aufzuschreiben!
Ich erinnere mich an die Zeit so um mein 6. Lebensjahr, da habe ich mich gedanklich mit Dingen beschäftigt, die meine Eltern für 6jährige eben nicht altersgemäß erachteten. Es war nichts Schlimmes, ich machte mir nur Gedanken über das, was ich so nebenbei aus den Nachrichten aufschnappte. In diesem Zusammenhang hatte ich (nicht nur) eine Frage an meine Eltern. Aber da die ja nicht altersgemäß waren, hieß es lediglich: Du wirst es wissen, wenn Du alt genug dafür bist.
Meinen Einwand, dass ich ja, um dieses Wissen zu erlangen, die Frage(n) beantwortet haben müsste, ließen sie nicht gelten. Ich war frustriert. Ich wollte etwas wissen, aber man gab mir keine Antwort. Ich begriff plötzlich, dass ich letztendlich, wenn es hart auf hart kommt, auf mich allein gestellt sein würde. Um Wissen zu erlangen, muss man fragen. Aber andere Menschen zu fragen, hilft nicht viel. Ich begriff mich plötzlich als Individuum unabhängig von meinen Eltern.
Aber es war zu früh. Ich fand mich isoliert. Die Orientierung, die ich suchte, wurde mir nicht gewährt. Dieses Muster zog sich durch mein Leben. Eindrücke, Reize von außen irritierten mich eher, als dass sie mir eine Orientierung gaben, so dass ich mich lieber freiwillig in die Isolation begab. So war ich eben mit meinen Gedanken bei mir. Ich fand mich damit ab, dass niemand sich für diese Gedanken interessierte. Zu oft machte ich negative Erfahrungen, wenn etwas davon nach außen drang.
Die Erkenntnis, die ich heute morgen träumte, brachte dies in Zusammenhang mit dem Krebs. Auch die Krebszellen sind gewissermaßen isoliert. Sie koppeln sich ab von ihrer Umgebung und erfüllen irgendwann nicht mehr die Funktion, die sie eigentlich hatten. Sie machen nur noch ihr Ding, Energie ziehen sie aus Gärungsprozessen, so dass sie unabhängig von der Versorgung mit Blutsauerstoff sind.
Genauso wie ein Mensch die Isolation nicht ewig ertragen kann, kann es auch keine Zelle. Es musste zum Ausbruch der Krankheit kommen.
Nun befreie ich mich aus der Isolation. Ich gehe das Risiko ein, wie früher so oft, zurückgestoßen zu werden, aber im Unterschied zu damals weiß ich, dass das Netz, das mich umgibt, tragfähig ist. Ein Netz, dass aus Beziehungen zu Menschen geknüpft ist, die ich sehr gern habe, und die mich sehr gern haben, aber auch zu Menschen, die ich persönlich (noch) nicht kennenlernen konnte, die aber hier immer wieder in meinem Blog lesen. Ich spüre das Interesse, und dann habe ich keine Angst mehr.
Das Nach-Draußen-Gehen ist immer mit Risiko verbunden. Risiko der Zurückweisung, des Unverständnisses und andere Risiken. Allerdings ermöglicht erst das auch den positiven Aspekt von Kontakt. Mit dem Leben in Kontakt sein bedeutet auch, sich auf Risiken einzulassen. Und oft sind die Dinge, die uns schwer fallen, umso wertvoller für uns.
Und jetzt mal ohne Sülze: Hallo, ich lese noch! Kein Grund sich zu fürchten ;-)
Gut, dass Sie die Sülze noch beiseite schoben; Sie klangen schon wie Franz Beckenbauer …
kerstin13
15.08.2006 23:55
Bei Krankheiten suche ich auch immer nach der Ursache, nach möglichen Wahrheiten und Erklärungen. Ich weiss nicht, ob es für alle eine Antwort gibt. Immer wieder werde ich mit meiner Machtlosigkeit konfrontiert, nicht auf alles einen Einfluss haben zu können. Warum sterben kleine Kinder an Krankheiten? Schlechte Gene?
Jeder kann krank werden. Jeden kann das Schicksal treffen. Und es ist wichtig, das Beste draus zu machen. Das gelingt mir mehr oder weniger gut. Dieses Wissen um die Ungerechtigkeit des Lebens finde ich manchmal grausam. Aber es lässt mich mein Leben auch mehr geniessen.
Nein, nicht für alle gibt es eine Antwort - aber dennoch werde ich immer nach einer Antwort suchen (ich stelle gerade fest, dass dies meinem Wesen entspricht, das Suchen nach Antworten).
Auch ich finde das Leben manchmal grausam und ungerecht, gerade wenn es um kleine Kinder geht - ich kenne einen Fall eines Neugeborenen, der nur 6 Wochen alt wurde, gestorben an einer Krebserkrankung, die er schon im Mutterleib hatte. Warum? Darauf finde ich keine Antwort, und dies finde ich viel schrecklicher als meine eigene Krankheit.
Für mich kann ich positiv in die Zukunft blicken, und gerade weil ich an Krebs erkrankt war, hatte ich Gelegenheit, über mein Leben nachzudenken. Eine Krise birgt auch immer die Chance auf Weiterentwicklung. Ich konnte und kann meiner Krankheit somit auch Positives abgewinnen.
schluesselkind
16.08.2006 00:09
Das Traurige ist, dass es vielen Menschen ähnlich geht. Fast jeder - oder sogar jeder? - schaut nur vorsichtig aus seinem kleinen Schneckenhaus heraus und beim kleinsten Antippen neigen wir dazu, uns ganz hinten an die Wand zu flüchten. Die Flucht- und Vernebelungsstrategien sind nur ganz unterschiedlich. Bei mir hat es auch sehr lange gedauert, bis mir eine ganz simple Mathematik in den Sinn kam: Zehn Mal probieren - sieben Mal scheitern = immer noch drei Mal Erfolg. Gar nicht probieren gibt kein Scheitern, aber auch kein Glückserlebnis. Simpel, aber jeder strickt sich so seine kleinen Hilfsmittel. Und irgendwann lernt man dann, dass man eigentlich öfter gewinnt als verliert.
Das finde ich sehr tröstlich und gut auf den Punkt gebracht.
Für simple Mathematik ...
... habe ich ja auch sehr viel übrig! Anhand Ihres Beispiels, liebe Frau Schlüsselkind, kann man übrigens auch sehr gut erkennen, wie sehr die eigene Einstellung die Wahrnehmung färbt (vgl. mein Statement oben rechts). Ein Pessimist würde sagen, siebenmal scheitern ist mehr als dreimal Erfolg (7 > 3). Ein Optimist sieht das aber so: dreimal Erfolg ist besser als gar kein Glückserlebnis (3 > 0).
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Manches erledigt sich von selbst
eikesmom, Montag, 14. August 2006, 14:04
Von den besagten Dingen, die ich noch zu tun gedachte, war eins, der Krankenkasse hinterherzutelefonieren, wo denn das Formular bleibt, welches ich dann für die Rentenversicherung brauche. Während der Reha bekomme ich nämlich kein Krankengeld, sondern Übergangsgeld von der BfA. Nun kam heute ein Anruf von der Krankenkasse mit der Info, sie haben das Formular bereits direkt zur BfA geschickt. Kaum zu glauben, aber wahr! Sollte sich tatsächlich mal etwas von selbst erledigen, ohne mein Zutun?
Überhaupt scheine ich in letzter Zeit viel mehr Gelassenheit an den Tag zu legen. Mein Mann sagte, die Hektik, die ich früher immer so an mir hatte, sei verschwunden. Ich gehe die Dinge langsamer an, meint er. Während der Chemo war das schlicht nicht möglich, Hektik zu entwickeln - und dabei habe ich gemerkt, dass es auch ohne Hektik funktioniert. Und vieles sogar viel besser.
Verschnupft
eikesmom, Sonntag, 13. August 2006, 00:57
Der erste Schnupfen seit Monaten. Warum gerade jetzt? Wenn ich Schnupfen habe, gelingt es mir eher selten, das Positive zu sehen.
Ich habe im wahrsten Sinne des Wortes die Nase voll... von was? Ich habe das Gefühl, die Zeit rinnt mir durch die Finger. Warum?
Wenn ich nach meinem Empfinden die Tage nicht mit Sinnvollem verbracht habe, sondern nur verdaddelt habe, liegt es meistens daran, dass ich bei dem, was ich tat, nicht mit ganzem Herzen dabei war. Dinge halbherzig zu tun, während man in Gedanken ganz woanders ist, ermüdet. Da ist es vollkommen gleichgültig, was man tut, auch wenn man scheinbar nichts tut...
In eineinhalb Wochen fahre ich zur Reha, und dann habe ich Zeit nur für mich allein. Manchmal denke ich mit ein wenig Angst daran. Was ist, wenn ich mit dieser Zeit nichts Vernünftiges anfangen kann?
Ich wollte eigentlich noch so einiges tun bis dahin. Und dann ärgere ich mich, dass ich einige Dinge noch nicht erledigt habe.
Also flugs mal eine ToDo-Liste schreiben!
Weshalb eigentlich nimmt man sich immer vor, einiges zu tun? Dinge zu erledigen? Dinge, von denen man meint, dass sie unbedingt getan werden müssten? Weil man der Meinung ist, wenn man sie nicht tut oder erledigt würde man etwas falsch gemacht haben? Würde die Zeit, in der man sie dann nicht gemacht hat, eine sinnlose gewesen sein?
Verstehen kann ich Sie; weil ich selber so empfunden habe. Heute jedoch empfinde ich selbst Zeiten, in denen nichts weiter passiert als dass der Uhrzeiger weitertickt, nicht als sinnlos. Schließlich tut man ja doch immer irgendetwas, selbst wenn das, was man tut, nicht das ist, was man tuen wollte. Und wenn es mir in jenen Momenten auch wenig sinnvoll erscheinen mag – vielleicht noch dazu mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass einem die Zeit durch die Finger rinnt -, genießen tue ich es dennoch.
Vielleicht muss man dieses Empfinden erst erlernen; vielleicht muss man auch einfach nur bereit dafür sein, empfänglich zumindest. Vielleicht wird man mit fortschreitendem Alter sensibel für ein solches Empfinden. Ich denke aber, je mehr Stress man im Leben erlebt, je mehr man im Job gefordert und belastet wird, desto leichter gelingt es, diesen „Zustand“ zu erreichen. Ist ein gutes Buch zu lesen nicht ebenso sinnvoll wie sich um die Wäsche zu kümmern? Ist es nicht ebenso sinnvoll sein Frühstück zu verlängern und dabei gedankenverloren aus dem Fenster zu schauen anstatt sich zu sagen, verdammt noch mal, ich wollte doch schon längst in der City sein? Nur um dort dieses und jenes zu erledigen?
Zumindest haben in meiner Freizeit To-Do-Listen einfach nur eines: ausgedient! Und ärgern tue ich mich höchstens dann, wenn mir bewusst wird, händeringend versucht zu haben etwas zu erledigen oder zu tun nur weil es mir in diesem Moment als vernünftig erschien. Was sich überdies im Nachhinein auch anders darstellen kann.
Seine Zeit einfach nur zu verdaddeln kann wirklich schön sein. So wie gerade jetzt; in diesem Moment, wo ich Ihnen hier antworte. Und dass tue ich mit ganzem Herzen …
Dieses Empfinden, wie Sie es nennen, habe ich zum Teil schon, doch gestern habe ich mich dabei ertappt, wie ich wieder in alte Gedankenmuster zurückfiel. Diese alten Gedankenmuster, der Antreiber im Nacken, der einem immer wieder sagt: schlag deine Zeit nicht tot, nutze sie sinnvoll!
Dabei halte ich es durchaus für sinnvoll, ein gutes Buch zu lesen, anstatt die Wäsche zu machen ;-)
Bei uns zuhause gibt es schon eine stehende Redewendung: es rennt ja nicht weg (die Wäsche). Okay, in diesem Fall ist die Wäsche schon wichtig, wenn ich zur Kur fahren und bestimmte Sachen mitnehmen will.... Prinzipiell haben Sie aber völlig recht: Auch das "Aus-dem-Fenster-schauen" ist sinnvoll genutzte Zeit, Zeit der Muße, in der die Seele Kraft tanken kann.
Im übrigen freue ich mich in diesen Tagen ganz besonders über Kommentare zu meinem Blog, ich freue mich, dass es Menschen gibt, die sich die Zeit nehmen, meinen Gedanken zu folgen und ihre dazu zu tun.
Beim Versuch, Ihren Blog aufzurufen, bekomme ich leider eine Fehlermeldung...
Die Fehlermeldung ist verständlich; ist mein Blog hier doch schon längst abgemeldet. Without Light, sozusagen. Sollte ich jedoch noch einmal die Kraft für einen neuen Blog finden, lasse ich´s Sie wissen.
Im Übrigen habe ich vergessen, Ihnen Gute Besserung zu wünschen. Das hole ich hiermit nach …
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