Climax
eikesmom, Dienstag, 31. Oktober 2006, 18:50
Wie stellt man fest, ob man den Höhepunkt des Lebens schon erreicht hat? Wann wird es Zeit umzukehren und sich jenen Dingen zu widmen, die man bisher vernachlässigt hat?
Ich habe vor vielen Jahren schon mal gedacht, wenn ich in diesem Augenblick sterben würde, dann ist es auch gut. Ich will damit sagen: Ich habe nichts versäumt. Jedenfalls nichts, was ich vermissen würde.
Jetzt sehe ich das durchaus anders. Ich habe eine Familie. Ich habe einen Sohn, der nächstes Jahr in die Schule kommt. Wenn ich jetzt sterben würde, würde ich ein großes Loch in meine Familie reißen. Mein Kind braucht mich - und ich empfinde plötzlich ein neues Gefühl - ein neuer Aspekt der Mutterliebe. Natürlich habe ich mein Kind schon immer geliebt, und natürlich bringt mich mein Kind hin und wieder auch mal zum Wahnsinn. Aber dieses neue Gefühl ist anders. Ich kann es noch gar nicht in Worte fassen.
In den letzten 10 Monaten wurde ich aufgefangen und gehalten in der Familie. Ohne sie hätte ich angesichts der Krebsdiagnose das Handtuch geworfen. Meine Familie ist mir wichtiger denn je geworden, und meine Ziele haben jetzt einen anderen Fokus.
Ich möchte meinem Kind einen Halt geben, ich möchte es begleiten, ich möchte da sein. Das halte ich für die wichtigste Investition in die Zukunft. Gerne hätte ich jetzt noch ein weiteres Kind gehabt, aber das geht nun nicht mehr.
Meine berufliche Zukunft ordne ich dem unter. Es wird finanzielle Konsequenzen haben, aber wir werden einen Weg finden.
Nachwirkungen von der Chemo?
eikesmom, Dienstag, 31. Oktober 2006, 18:32
Gestern war ich bei einem Internisten. Ich habe ein gewisses Problem an einer gewissen Körperöffnung. Das Ganze tut schon seit Monaten weh und blutet. Man könnte mir ja vorwerfen, warum ich damit nicht schon längst zum Arzt gegangen bin. Aber bei den Nebenwirkungen der Chemotherapie fiel das kaum ins Gewicht. Und die Chemotherapie hat das auch nicht besser gemacht. Nun ja, ich habe noch großes Glück, dass man das Problem mit Salbe behandeln kann und ich nicht operiert werden muss.
Seit gestern wende ich also die Salbe an, und die hat leider Nebenwirkungen. Kopfschmerzen! Ich hasse Kopfschmerzen. Jede Bewegung gerät zur Tortur. Aber da muss ich durch, sagt der Arzt, und nach ein paar Tagen soll sich das normalisieren.
Im übrigen meint er auch, dass ich eine Darmspiegelung machen lassen sollte, obwohl ich mit 40 Jahren noch recht jung bin. Aber mit der Krebs-Vorgeschichte ist das durchaus angebracht. Aber Eile habe das nicht, und diese Untersuchung wird wohl erst im nächsten Jahr stattfinden.
Grenzen erkennen
eikesmom, Dienstag, 24. Oktober 2006, 22:57
Ich habe heute eine wichtige Entscheidung getroffen. Ich habe dabei ausschließlich auf mein Bauchgefühl vertraut - ja, mein Körper hat mich geradezu ANGESCHRIEEN, so dass ich das nicht ignorieren konnte. Ich hätte wieder einmal meine Grenzen überschreiten können, wie ich es so oft in meinem Leben getan habe. Mein ganzes Leben habe ich immer nach Höherem gestrebt, ich habe gelernt, ich wollte alles wissen und können. Aber nun bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr kann. Mein lieber Mann sagte mir: "Du darfst auch mal was nicht können."
Und das habe ich mir nun auch eingestanden. Es war eine bittere Erkenntnis, die eine Zeitlang wehtat. Aber nun ist wieder Frieden eingekehrt in meinem Bauch. Er hat sich beruhigt.
Geliebt wirst Du, wo Du Schwäche zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren.
schluesselkind
25.10.2006 00:31
Das haben Sie gut getan. Hören Sie mehr auf Ihren Bauch bzw Ihre Intuition. Je öfter Sie es tun, desto mehr werden Sie spüren, wie recht dieser Teil von Ihnen hat, wie gut es Ihnen tut und es wird Ihnen auch immer leichter fallen. "Bauchgefühl" ist schließlich keine Hexerei, sondern die Summe aller Eindrücke, die wir aufnehmen und von denen nur ein winziger Bruchteil bewusst verarbeitet werden kann.
Und im übrigen ist Schwäche ein relativer Begriff und manchmal auch nur eine Frage der Perspektive.
Danke...
... für die aufbauenden Worte, liebe Frau Schluesselkind! Ich bin angenehm überrascht, wieviel positive Resonanz ich bisher auf meine Entscheidung bekommen habe. Aber ich muss auch zugeben, dass ich es zuerst nur jenen erzählt habe, von denen ich es am ehesten erwarte. Es gibt da noch den einen oder anderen Menschen, der mit meiner Entscheidung nicht einverstanden sein wird - aber gerade deswegen bestärkt es mich, meinen eigenen Weg zu gehen. Denn es kommt ja nicht darauf an, dass alle Menschen mit meiner Entscheidung einverstanden sind, es kommt darauf an, dass ICH damit einverstanden bin.
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Schwerbehindert - die Auswirkungen
eikesmom, Samstag, 21. Oktober 2006, 20:49
Bei
www.behinderung.org heißt es:
"Der Ausweis für Schwerbehinderte ermöglicht die Inanspruchnahme von verschiedenen Rechten und Vergünstigungen. Jedoch sollte vor Beantragung überlegt werden, ob es wirklich notwendig ist, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Denn oft erschwert ein solcher Ausweis das Finden einer Anstellung, da der Arbeitgeber die gesetzlichen Konsequenzen oft fürchtet."
Diese Überlegung hatte ich
damals schon angestellt. Wer weiß schon, ob das jetzt der Grund ist? Kein Arbeitgeber wird mir offen ins Gesicht sagen, dass er mich nur deswegen nicht einstellt.
Auf der anderen Seite gibt es den Wiedereingliederungszuschuss. Die Agentur für Arbeit bezahlt 6 Monate lang einen gewissen Anteil des Gehalts - einschließlich Arbeitgeberanteil. Man sagte mir, das sei nicht wenig. Das sollte doch wohl ein Anreiz für Arbeitgeber sein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Arbeitgeber im allgemeinen nicht Bescheid wissen, welche Konsequenzen das alles hat. Nur das diffuse Gefühl, dass man einen schwerbehinderten Arbeitnehmer so schnell nicht mehr los wird, das ist in den Köpfen drin.
Dabei steht im §19 des
Schwerbehindertengesetzes, dass die Zustimmung zur Kündigung durch die Hauptfürsorgestelle zu erteilen ist, wenn zwischen Kündigung und Ende der Lohn/Gehaltszahlungen mindestens 3 Monate liegen. Was im Grunde eine dreimonatige Kündigungsfrist bedeutet. Na und? Solche Fristen sind doch durchaus üblich - zumindest in dem Bereich, in dem ich bisher gearbeitet habe.
Immerhin werde ich wohl aber die steuerlichen Vergünstigungen mitnehmen können, so wie es aussieht, sind das wohl 570 € (bei 50% GdB).
Freitag, der 13.
eikesmom, Freitag, 13. Oktober 2006, 18:30
Schon gemerkt? Heute ist Freitag, der 13. Nein, ich bin eigentlich nicht abergläubisch. Immerhin habe ich an einem solchen Freitag, einem 13., geheiratet, und bin seit mehr als 10 Jahren glücklich mit meinem Mann. Ich verbinde mit Freitag, dem 13., immer Positives wie zum Beispiel erfolgreich geschriebene Klausuren - damals in der Schule.
Heute morgen habe ich außerdem einen Schornsteinfeger in schwarzer Montur gesehen. Nein, angefasst habe ich ihn nicht, obwohl das ja Glück bringen soll.
Dann habe ich heute einen Anruf bekommen, aus einer Firma, bei der ich mich schon vor einem Dreivierteljahr beworben hatte, aber die Stelle nicht bekommen konnte, weil ich ja erst gegen den Krebs kämpfen musste. Nicht zu fassen! Man telefoniert hinter mir her - sollte mir das zu denken geben? Und warum habe ich immer das Gefühl, irgendwas verdaddelt zu haben? Denn der gute Mensch hatte mich auch schon im März angerufen und sich nach meinem Stand der Genesung erkundigt. Damals hatte ich gerade einen neuen PC gekauft und das E-Mail-Konto noch nicht eingerichtet, das ich immer für berufliche Zwecke benutzt habe. Diesmal habe ich ein neues Stellenangebot in der Zeitung übersehen. Wie blöd kann man eigentlich sein? Welchen Eindruck habe ich da wohl hinterlassen? Habe ich all die gute Arbeit, die ich geleistet habe, schon zunichte gemacht?