Das neue Jahr
Silvester habe ich sehr ruhig und unspektakulär im Kreise der Familie verbracht. Ich bin froh, dass das alte Jahr vorbei ist. Es war kein gutes Jahr für mich. Nun will ich nach vorn blicken und habe mir fest vorgenommen, dass das neue Jahr besser wird. Kann ja eigentlich nur besser werden!

Eike wollte noch eine Woche Ferien bei der Oma machen. Am 2. Januar fuhren wir zwei also die 200 km-Strecke. Ich blieb eine Nacht bei meiner Mutter. Der Abschied von meinem Kind am nächsten Tag fiel mir schwer. Das erste Mal so weit weg von zuhause sollte ich ihn lassen? Aber die Tränen waren schnell getrocknet, sowohl bei mir als auch bei ihm - wie meine Mutter mir später am Telefon sagte. Eike und ich telefonierten jeden Tag miteinander.

Am 4. Januar fuhren mein Mann und ich erst zum Frauenarzt, um die Überweisung fürs Krankenhaus zu holen. Ich bekam auch gleich einen gelben Schein bis Ende Januar ausgestellt. Es ist ein komisches Gefühl: Man fühlt sich eigentlich gar nicht krank, ich habe keine Schmerzen, ich habe ausnahmsweise mal keinen Infekt, und nun kriege ich einen gelben Schein für fast einen Monat! Und mit der Aussage, dass der auch weiter verlängert werden wird.

Im Krankenhaus untersuchte mich eine sehr junge Ärztin. Sie erklärte mir zuerst, was bei der Operation gemacht wird. Wenn der Tumor klein genug ist, könne man das Wächterlymphknotenverfahren anwenden. Hierzu wird der erste Lymphknoten radioaktiv markiert, und wenn er nicht von Krebszellen befallen ist, dürfen die Lymphknoten drin bleiben und nur der Tumor wird entfernt. Im Ultraschall zeigte sich allerdings nun neben dem Tumor noch eine andere Stelle, und zusammen genommen war der Bereich zu groß für das Verfahren. Also müssen auch Lymphknoten bei mir entfernt werden. Der OP-Termin wurde auf den 10. Januar festgesetzt. So bald schon! Aber es ist gut so, wer weiß, wie sehr ich noch ins Grübeln komme, wenn es noch länger gedauert hätte!

Dann wurde mir noch Blut und Urin abgenommen, und zum Schluss gab es noch ein Gespräch mit einer Case-Management-Beraterin. Eine sehr freundliche, liebe Frau, die uns nochmal alles zusammenfassend erklärte. Wie schon vor Weihnachten beim Frauenarzt erzählte mein Mann von dem Verlust meines Arbeitsplatzes. Ich hätte das gar nicht erzählt, weil ich daran gar nicht mehr dachte. Ich habe das so sehr verdrängt, es war überhaupt gar nicht mehr wichtig für mich. Schien es zumindest. Denn als das zur Sprache kam und zusätzlich zu meiner Krankheit in die Waagschale geworfen wurde, wurde es zu schwer. Ich kämpfte die Tränen zurück, schaffte es nicht, bekam ein Taschentuch. Sie sagte, ich darf ruhig weinen.
Ich habe nur Angst, ich kann gar nicht mehr aufhören, wenn es einmal losgeht....
in: Brustkrebs
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