Blutkontrolle
Heute morgen war ich zur Blutkontrolle in meiner Hausarztpraxis. Es klappte ganz gut, ich denke, das Risiko, die Armvene könnte Schaden nehmen, kann ich in Kauf nehmen. Ich bin ja sehr gespannt auf die Ergebnisse.

Es heißt ja, dass die Zahl der Blutkörperchen jetzt ein Minimum durchläuft. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das wirklich so ist. Denn momentan fühle ich mich recht gut, und der Schnupfen ist auch fast weg. Das hätte ich nicht erwartet, wenn ich gerade so einen Mangel im Blut haben soll. Vielleicht ist das Tal schon früher gewesen, Ende letzter Woche oder so, denn da fühlte ich mich schlapp und müde. Jetzt habe ich eher das Gefühl, es geht bergauf. Wir werden morgen sehen, was das Labor sagt.
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Warum ich?
Ich glaube, diese Frage stellt sich jeder mal - besonders jene, die an Krebs erkrankt sind. Komischerweise stelle ich mir diese Frage erst jetzt. Alle haben sie gesagt, dass man sich das irgendwann fragt, und ich dachte bisher immer, es ist halt Zufall, und es hat eben mich erwischt.

Ausgelöst wurde das eigentlich durch einen Brief, den ich bekam. Es geht darin um die Eintragung ins Krebsregister für statistische und wissenschaftliche Zwecke. Es war klar, dass dieser Brief kommt, davon erzählte man mir schon. Wirklich drüber nachgedacht habe ich nicht. Aber ich bin eh kein Mensch, der davor Angst hat, irgendwo nur noch eine Nummer zu sein. Ich halte statistische Untersuchungen für sehr sinnvoll - wenn man dabei das Individuum nicht ganz aus den Augen verliert.

Trotzdem hat es was in mir ausgelöst. Ich bin nämlich ein Individuum, und mich hat es erwischt. Warum? Ich war ja eigentlich keine Risikopatientin, wenn man davon absieht, dass meine Oma so mit 70 Brustkrebs bekam. Damals wurde das gar nicht groß aufgehängt. Es hieß, sie sei eh schon recht alt und nicht mehr so gut beisammen - und sie musste auch keine Chemotherapie machen. Dabei finde ich 70 noch nicht sooo alt, dass man sagen könnte, das lohnt nicht mehr. Das kann man doch nie sagen! Man weiß doch im Grunde nie, was das Leben für einen noch bereithält, egal wie alt man ist. Ob man nun 2 Jahre, 40 Jahre oder 70 Jahre alt ist. Wer weiß, was alles noch kommt? Ich stelle mir das Leben manchmal als Entscheidungsbaum vor. Immer wieder kommt man an Weggabelungen an und muss sich entscheiden. Und man sieht nie, was dahinter kommt. Man weiß nie, wie lang oder wie schwer der Weg dahinter ist. Ob er in einen Abgrund führt oder ins Paradies. Und dann denke ich, das Ziel dahinter ist gar nicht entscheidend, sondern der Weg. Was bringt der Weg für weitere Weggabelungen mit sich? Und dann wird mir klar, dass man das gar nicht bewerten kann und auch gar nicht sollte. Ich finde nicht unbedingt, dass das Ziel ist, ein besonders LANGES Leben zu führen, also dass der Todeszeitpunkt ganz weit in der Zukunft liegt. Das Leben muss auch einen Sinn haben. Es sollte ereignisreich sein insofern, dass es nicht so dahinplänkelt, und nichts passiert. Es kann nun auch mal was Dramatisches passieren. Man kann ernsthaft krank werden. Und man kann sich darüber Gedanken machen, was das alles für einen Sinn hat.

Als ich von meinem Krebs noch nichts wusste, hatte ich mir schon mal Gedanken um den Sinn von Krankheiten gemacht. In dem Buch "Krankheit als Weg" habe ich einen Ansatzpunkt für diese Gedanken gefunden. Ich fand vieles sehr plausibel. Dennoch hatte ich Schwierigkeiten, daraus wirklich Konsequenzen zu ziehen. Man hat mir mal den Rat gegeben, ich solle viel mehr auf meinen Bauch hören. Ich fand eigentlich, dass ich das schon viel zu oft tue. Nun ja, ehrlich gesagt, ist es oft so: Ich merke, wenn mir eine Situation nicht behagt, ich höre meinen Bauch "reden" - und dann ignoriere ich das und sage, er soll gefälligst den Mund halten und Ruhe geben. So kann es aber auf Dauer nicht gutgehen. Das rächt sich irgendwann früher oder später.
Ich weiß nicht genau, was der Autor des Buches "Krankheit als Weg" zu Krebs genau meinte. Ich habe es schlicht nicht verstanden. Aber vielleicht ist genau das der Grund, warum ich Krebs habe! Und wer weiß, vielleicht komme ich ja noch drauf....
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Es wird besser, aber...
Nachdem ich die Begleitmedikamente gegen die Übelkeit abgesetzt hatte (genau nach Vorschrift!), hatte ich gleich viel mehr Elan. Gestern bin ich unterwegs gewesen, habe mich um Formalitäten gekümmert, damit mein Krankengeld gezahlt werden kann. Voraussichtlich bis September werde ich arbeitsunfähig sein. Das Jahr hat erst angefangen, und wenn man bedenkt, September! Da ist das Jahr schon zu drei Vierteln um - da wird einem ganz anders.

Prompt als die Nebenwirkungen, die ich der Chemotherapie zuschreibe, erträglich werden, kehrte mein Schnupfen zurück. :-( So etwas Blödes! Ich merke auch, ich bin ständig am Frieren. Ich habe oft so Kälteschauer, es kribbelt am ganzen Körper und ich bekomme eine Gänsehaut. War aber eigentlich klar, jetzt ist das Immunsystem fast unten, Erkältungsviren haben jetzt leichtes Spiel bei mir. Ich hoffe nur, dass ich mir nichts Schlimmeres einfange.

Im übrigen merke ich, wie es in meinem Körper drunter und drüber geht. Es funktioniert eigentlich alles nicht mehr so perfekt. Jetzt wird mir klar, welch Wunderwerk der Natur ein gesunder Körper ist, dessen Zellen ein eingespieltes Team darstellen. Man nimmt das als viel zu selbstverständlich hin! Erst wenn es an allen Enden hakt, merkt man, wie wertvoll die Gesundheit ist.

In diesen Tagen bekomme ich nicht wirklich viel geregelt. Meine Ärztin sagt, ich soll mich ausruhen. Mein Mann schmeißt den Haushalt, und er macht das wirklich gut. Nicht nur deswegen würde ich ihn jederzeit wieder heiraten!
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Kraftlos und müde
Ich fühle mich immer noch kraftlos und müde. Es ist, als würde man durch zähen Honig gehen. Die Haut spannt sich im Gesicht, ab und zu piekst es in den Augen. Wenn ich aber in den Spiegel schaue, sehe ich ein Gesicht, was gar nicht mal so blass ist. Komisch. Ich fühle mich weiß wie die Wand, bin es aber nicht.

Morgen muss es ohne die Medikamente gegen Übelkeit gehen. Morgen steht wieder mal ein Arzttermin an, diesmal aber wegen Formalitäten: Krankengeld. Außerdem muss ich mir die Mammografieaufnahmen wiederholen, weil ich die für den Termin zur Vorbesprechung der Bestrahlung brauche.

O menno, wenn die Chemotherapie doch schon vorbei wäre! Wenn ich dran denke, das Ganze noch 5 mal durchzumachen....!

Was habe ich heute gemacht? Ein bisschen gepuzzelt, ein bisschen gelesen. Mir was zu essen gemacht. Ansonsten nichts. Ich habe Eike in den Kindergarten gebracht und abgeholt. Zu mehr reicht meine Kraft einfach nicht! Ich hoffe, dass die Thymus-Mistel-Therapie bald was bewirkt. Samstag gibt es die zweite Spritze und dann werde ich mir die Spritzen selbst setzen.
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Noch mehr Nebenwirkungen
Heute morgen - äh gestern morgen - habe ich zum ersten Mal was Merkwürdiges bemerkt. Ich reibe gern mal meine Augen, wenn ich müde bin, und müde bin ich zurzeit ja ständig. Beim rechten Auge tut es jetzt aber mächtig weh, wenn ich das tue! Ich frag mich, was das ist! Es ist nur das rechte Auge, beim linken ist alles wie gehabt. Hoffentlich ist das nichts Ernstes... :-(
Unterleibsbeschwerden machen mir auch zu schaffen. Ich hoffe, da bahnt sich jetzt keine Blasenentzündung an. Morgen werde ich mal mit der Klinik telefonieren.

Termine mit Ärzten stehen immer wieder an der Tagesordnung. Ich frage mich, wie manche Frau da noch berufstätig sein kann. Da bleibt ja kaum Zeit übrig! Ich wäre mental auch gar nicht in der Lage, momentan einem Beruf nachzugehen.
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Nebenwirkungen
Am Nachmittag nach der Chemotherapie ging es mir gar nicht gut. Ich fühlte mich total erschlagen, müde, kaputt und hatte ständig dieses Übelkeitsgefühl. Ich habe aber nicht erbrechen müssen. Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, es fühlte sich an, als sei eine Grippe im Anmarsch.

Zum Glück konnte ich am Nachmittag vielleicht eineinhalb Stunden schlafen. Zum Abendbrot habe ich wenigstens eine halbe Scheibe Brot mit Hähnchenbrust essen können. 2 Tassen schwarzen Tee dazu. Abends haben wir etwas ferngesehen, das lenkte mich etwas ab. So gegen 22 Uhr habe ich mich aber wieder ins Bett verkrümelt und muss wohl recht schnell eingeschlafen sein, wie mir mein Mann sagte.

Am nächsten Morgen ging es mir deutlich besser. Okay, schlapp fühle ich mich immer noch. Und ich schaffe es einfach nicht, die Mengen zu trinken, die ich eigentlich sollte. Meine Schwiegermutter brachte mir heute morgen Brötchen mit, das war schön! Sie erzählte mir, wie es Eike geht. Sie sagt, Eike nimmt das schon ganz schön mit, dass ich krank bin. Man merkt es vielleicht nicht direkt, er will es nicht zeigen. Aber so manchmal kommt es durch.

Heute mittag habe ich mir Nudeln mit Hähnchenfleisch und Gemüse auf süß-saure Art gemacht. Mit den Medikamenten gegen die Übelkeit geht es mir jetzt einigermaßen. Heute nachmittag will ich meine erste Thymus- und Mistelspritze bekommen. Schauen wir mal, ob das gut klappt.
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Die erste Chemotherapie
Gestern haben wir unsern Sohnemann zur Oma gebracht, er wird bis Mittwoch bei ihr bleiben. So habe ich die Tage Zeit und Ruhe, mich nur um mich zu kümmern.

Mein Mann ist mit mir dann heute ins Krankenhaus gefahren. Erst musste ich ins Labor, Blut abgeben. Aus der Fingerspitze. Ist alles gar nicht so schlimm, aber das Blut wollte nicht so recht fließen - ich war geizig mit meinem Blut ;-). Das nächste Mal mache ich vorher ein paar Kreise mit dem Arm, dann sollte das besser klappen. Das Labor ist in der Kinderklinik. Vor mir war ein ganz kleines Baby dran - hach ja, seufz! So ein kleiner Wurm! Ich sagte zu meinem Mann: War Eike auch mal soooo klein?

Anschließend ging es zum Herzultraschall. Wir waren viel zu früh da, machte aber nichts, ich kam gleich dran. Ich habe meine Herzklappen arbeiten sehen! Das war total faszinierend! Sie gehen immer zweimal kurz hintereinander zu. Der Arzt meinte, ich hätte ein fantastisches Herz. Er fragte mich, wie alt ich bin, und als ich sagte, ich werde Ende März 40, fragte er, ob es dann eine große Feier gebe. Gerade gestern hatten mein Mann und ich beschlossen, dass wir im Herbst groß feiern wollen. Denn dann haben wir nämlich auch unsern 10. Hochzeitstag, ich bin mit der Krebstherapie erstmal durch (bis auf die Hormontherapie natürlich) und dann feiern wir alles zusammen.

Nach einer kurzen Wartezeit in der Frauenklinik ging es dann los. Ich entschied mich für ein Bett, wollte entspannt liegen können. Ging nochmal zur Toilette, deckte mich mit einer Decke zu. Mein Mann brachte mir noch was zu lesen aus dem Aufenthaltsraum, weil ich mein Buch heute vergessen hatte. Dann ging es los. Zuerst isotonische Kochsalzlösung, dann zwei Spritzen, zum einen gegen Übelkeit zum anderen gegen Blasenentzündung. Dann kam zuerst das Cyclophosphamid dran. Als das zu Ende war, hatte ich zuerst das Gefühl, ich bekomme Kopfschmerzen und so einen unsicheren Blick. So ein bisschen Flimmern vor den Augen. Es ging aber nach einer Weile wieder weg. Dann kam das rote Zeugs dran, Adriamycin. Jedesmal vorher prüfte die Ärztin, ob die Nadel noch richtig sitzt, fragte mich, ob es da weh tut, wo sie im Innern aufhört. Nein, war alles bestens.
Dann kam wieder die Kochsalzlösung dran zum Spülen. Und das Flourouracil wurde per Spritze gegeben.

Die Mitarbeiterin vom Sozialdienst war da und hat mir noch beim Antrag auf den Behindertenausweis geholfen. Außerdem wollte sie hören, wie es mir inzwischen ergangen ist. Ich habe mich sehr gefreut, sie zu sehen. Überhaupt habe ich ein gutes Gefühl, die Ärzte und Schwestern sind sehr nett.

Mein Mann war zwischendurch weggefahren, hat sich eine neue Jacke gekauft, so kam er auch zu seinem Recht! :-)
Der nächste Termin steht nun in drei Wochen an. Und in 10 Tagen soll ich ein Blutbild erstellen lassen. Ich muss jetzt mal schauen, ob ich hier eine Arztpraxis finde, die das auch mit dem Blut aus der Fingerspitze machen kann. Man sagte mir, Kinderärzte seien oft darauf eingerichtet.
Im Krankenhaus noch habe ich ein Käsebrötchen gegessen und was getrunken. Eine Tablette gegen die Blasenentzündung musste ich dort schon mal nehmen, die zweite kommt nachher dran.

Und meine Perücke habe ich jetzt auch schon! Wir waren danach gleich noch im Perückenladen, und ich hab jetzt doch eine mit etwas längerem Haar und Locken genommen. Da kann man auch einen Pferdeschwanz binden und so fühle ich mich damit dann auch wohl. Ist fast wie damals, als ich meine Haare noch lang hatte. Eine Haube für die Nacht habe ich auch noch bekommen. Das ist ganz gut, denke ich, damit man am Kopf nicht so friert. Und zuhause läuft man ja auch nicht mit Perücke rum normalerweise.

Momentan fühle ich mich erschlagen, ziemlich müde. Ich leg mich jetzt ins Bett und mach die Augen zu. Egal ob jetzt Nachmittag ist oder nicht....
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Ist es richtig, was ich tue?
Mein Frauenarzt hat mich nun bis Ende März arbeitsunfähig geschrieben. Die Medikamente gegen die Übelkeit sind besorgt. Doch in den letzten Tagen kommen mir Gedanken, ob ich das Richtige tue. Prompt habe ich wieder eine Erkältung am Hals, die Chemo am Montag ist gefährdet.

Das ist alles doch sehr kurios: Ich habe Krebs, merke aber nichts davon im täglichen Leben. Also zucke ich mit den Schultern und sag: na und? Kaum läuft die Nase und der Hals kratzt, hadere ich mit meinem Schicksal, fühle mich elend, werde unleidlich. Bei einem harmlosen Schnupfen!
Habe ich ein gestörtes Verhältnis zu meinem Körper? Weiß ich immer noch nicht, was er mir sagen will? Ich versteh es nicht!

Meine Hausärztin sagte heute, ich kann die Blutkontrollen bei ihr machen lassen. Sie meint, die Venen werden durch die Blutabnahmen nicht so sehr belastet, doch eher durch die Medikamente der Chemo. Ja ja, das ist mir schon klar! Aber was ist, wenn mir die Arzthelferin bei der Blutabnahme die Vene zersticht, und später die Infusion ins Gewebe läuft? Na vielen Dank auch! Jetzt muss ich abwägen, vertraue ich auf das Geschick der Arzthelferinnen oder nehme ich die Fahrt ins Krankenhaus in Kauf? Entscheidungen über Entscheidungen, und wenn ich falsch entscheide, geht es mir schlecht.

Und dann kommen sie wieder, die Gedanken. Die Risiken, die ich eingehe. Die ich wieder und wieder versuche, zu bewerten und doch zu dem Schluss komme, dass mir zu viele Fakten fehlen. Ich kann es nicht bewerten. Ich muss einfach vertrauen, dass das schon alles so richtig ist. Und kann ich wirklich wissen, nachdem ich einen Weg gegangen bin, wie der andere ausgesehen hätte?
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Chemotherapie - habe ich mir das gut überlegt?
Heute hatte ich das Aufklärungsgespräch über die Chemotherapie. Ich wurde über die Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt. Es kommen Medikamente zum Einsatz, die besonders jene Zellen angreifen, die sich teilen, wodurch vornehmlich Krebszellen zerstört werden sollen, aber leider auch gesunde Zellen, die sich gerade teilen. Das wären dann auch Blutzellen, Haarwurzelzellen, Schleimhautzellen. Und Eibläschenzellen im Wachstum. Bestimmt habe ich noch einige wichtige vergessen in meiner Aufzählung!

Nach dem Gespräch fand ich, dass der Haarausfall, von dem ich ja schon wusste, echt noch das Harmloseste an der Sache ist. Was alles passieren kann:
- trockene Haut (die habe ich ja eh schon)
- Entzündungen der Mundschleimhaut
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung
- Blasenentzündung, weil die Abbauprodukte der Medikamente sehr aggressiv sind
- Nieren können geschädigt werden
- eine Herzschwäche kann sich entwickeln - daher wird vor der ersten und vierten Chemo ein Herzultraschall zur Kontrolle gemacht
- Infektanfälligkeit ist besonders in der zweiten Woche nach einer Chemo besonders hoch, weil dann die Zahl der weißen Blutkörperchen auf ein Minimum sinkt, daher werden um diese Zeit Blutkontrollen gemacht
- die Venen können vernarben, so dass es nicht mehr möglich ist, Blut abzunehmen. Unter Umständen ist für weitere Infusionen dann ein Port notwendig, der wird oberhalb der Brust implantiert. Das ist ein Hohlraum, der mit Flüssigkeit gefüllt ist, von ihm führt ein Schlauch in die große Körpervene. Nach vorne zur Haut hin ist der Port mit einem Gummideckel verschlossen, durch den man mehrmals mit einer Infusionsnadel durchstechen kann. Rückwärtig ist eine Metallplatte, so dass die Nadel nicht ins Innere des Körpers dringen kann. Die Krankenschwester, mit der ich gesprochen hatte, empfahl mir diesen Port. Aber die Idee, so ein Ding im Körper zu haben, machte mir Angst. Nein, ich will einfach hoffen, dass meine Venen gut genug sind und bleiben.

Ich muss also meine Haut intensiv pflegen, viel trinken, mich besonders vitaminreich ernähren. Gegen Übelkeit bekomme ich Medikamente. Gegen Blasenentzündung bekomme ich vor der Chemo ein Mittel gespritzt, welches die Abbauprodukte der Chemikalien neutralisieren soll.

Da die Follikel immer wieder zerstört werden, wachsen nicht wie üblicherweise 20 pro Tag, sondern viel mehr. Sie werden so schneller verbraucht als normal, was bedeutet, dass die Wechseljahre vorher eintreten. Die Regelblutung wird wahrscheinlich ausbleiben, weil die Follikel zerstört werden. Später unter der Hormontherapie wird die Regelblutung mit Sicherheit ausbleiben. Unter der Chemo ist jedoch die Verhütung trotz allem nicht gewährleistet. Schwanger zu werden ist möglich, wäre aber eine Katastrophe, weil der Fötus massiv geschädigt würde. Ein Schwangerschaftsabbruch wäre unter Umständen notwendig, ist dann aber sehr risikoreich, weil eben auch die Thrombozyten, die ja für die Blutgerinnung zuständig sind, in ihrer Zahl minimiert werden. Also ist die Devise: nicht schwanger werden. Man bot mir die Kupferspirale als Verhütungsmethode an. Aber ich wollte nie einen Fremdkörper in mir haben. Und als ich gelesen habe, dass die Kupferspirale zu starken Blutungen führen kann, habe ich das für mich auch abgelehnt. Also bleiben nur noch Kondome, da hormonbasierte Verhütungsmittel nicht in Frage kommen.

Nach dem Gespräch habe ich ein Perückenstudio aufgesucht. Es war sehr interessant zu sehen, wie man mit dieser oder jener Frisur aussieht. Meistens fand ich mich aber furchtbar damit! Ich fand, man sieht immer, dass es sich um etwas Künstliches handelt. Mit einem Kostenvoranschlag in der Tasche fuhr ich wieder nach Hause.
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Wieder zuhause und Therapieplan
Am Samstag wurde der Leberultraschall wiederholt, diesmal von der Oberärztin. Sie erklärte den helleren Bereich an meiner Leber für eine Folge der Gallenblasen-OP. Sie sagte außerdem, Krebs würde sich im Ultraschall dunkel darstellen. Und nichts spräche dagegen, dass ich Sonntag nach Hause kann.

Nach dem Mittagessen holte mich mein Mann ab. Ich bekam alle Röntgenbilder wieder zurück und einen Brief für den weiterbehandelnden Arzt.
Unser Sohn war noch bei seiner Oma. Mein Mann und ich verbrachten den Nachmittag auf dem Sofa. Er hatte mir ein Kissen zurechtgemacht, auf das ich meinen linken Arm legen konnte. Ich werde diesen Tag immer mit diesem seltsamen Licht verbinden, das ins Wohnzimmer schien. Es war ein sonniger Tag, die Sonne stand tief. Und ich werde immer an die Eisenbahn denken, die um den Ätna auf Sizilien fährt, weil mein Mann sich sonntags immer die Eisenbahn-Romantik anschaut :o)

In dieser ersten Woche nach dem Krankenhausaufenthalt hatte sich mein Mann freigenommen, um mir zu helfen. Ich war die erste Zeit noch etwas bewegungseingeschränkt mit dem linken Arm. Er fuhr mich zum Frauenarzt und sogar zu meinem Vorstellungsgespräch. Er legte mir stets ein Kissen für meinen Arm zurecht. Er brachte unsern Sohn in den Kindergarten und holte ihn wieder ab. Am Donnerstag bin ich das erste mal (unter seiner Aufsicht *g*) wieder Auto gefahren. Es klappte gut, vor allem konnte ich den linken Arm viel besser ablegen als das auf dem Beifahrersitz möglich ist.

Am Mittwoch hatten wir nun den Termin im Krankenhaus zur Besprechung aller Ergebnisse. Am Tag zuvor hatten sich Ärzte, Pathologen etc. pp. zusammengesetzt und die anliegenden Fälle besprochen, unter anderen eben auch meinen.
Mein Befund sieht wie folgt aus:

Mamma-Ca links, pT1c, G II, pN0(0/15), PR 40%, ER 60%, HER-2-neu 2+, kein Anhalt auf periphere Filiae

Was bedeutet das nun?
- Der Tumor ist als Stadium 1c klassifiziert (kleiner als 2 cm)
- Grading Stufe II (hat was mit der Bösartigkeit zu tun, Wachstumsgeschwindigkeit oder sowas)
- 15 Lymphknoten wurden entfernt, davon war keiner befallen
- ca. 40% der Zellen haben Progesteronrezeptoren
- ca. 60% der Zellen haben Östrogenrezeptoren
- es gibt auch Rezeptoren für HER-2-Antikörper
- keine nachweisbaren Metastasen im Körper

Im Prinzip war mir fast alles schon bekannt. Die Tatsache, dass nicht alle Zellen Hormonrezeptoren aufweisen und dass ich noch relativ jung bin, führt nun dazu, dass sie mir eine Chemotherapie vorschlagen. Von der Idee war ich im ersten Moment gar nicht begeistert! Ich wollte doch möglichst bald wieder arbeitsfähig sein! Ich dachte, ich mach mal eben 5 Wochen Strahlenbehandlung und dann die Hormontherapie und gut is! Ich bekam einen Kloß im Magen. 6 mal Chemo soll ich bekommen, im Abstand von je 3 Wochen. Also dauert die Chemo allein schon (von der OP gerechnet) 18 Wochen. Dann ist das Jahr bald um!

Ich musste erst darüber schlafen. Ich habe nachgedacht. Was würde passieren, wenn ich in ein paar Jahren einen Rückfall bekomme? Was wäre, wenn ich die Chemo nicht gemacht hätte und ich einen Rückfall bekomme? Würde ich dann nicht verzweifeln, mich ärgern, dass ich "damals" nicht alles versucht habe, den Krebs zu bekämpfen? Mir wurde klar, dass ich die Chemo machen muss, dass ich eben ALLES versuchen muss, den Krebs zu besiegen. Und ich denke mir, diese Zeit, in der ich diese Therapie mache, ist auch eine Chance für mich zu entdecken, was mir guttut, was mir wichtig ist und wo meine Prioritäten im Leben sind.
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