Drama ums Blutbild
Letzten Donnerstag abend war mir nicht gut. Ich legte mich früh ins Bett, mit einem Eimer zur Sicherheit dabei, der aber zum Glück leer geblieben ist. Bis Mitternacht habe ich stündlich Fieber gemessen. Es stieg auf 37,8 Grad. Nicht dramatisch, möchte man meinen, aber es hieß ja, ich dürfe kein Fieber bekommen, weil das schnell gefährlich wird, wenn ich einen Infekt bekomme.

Ich bin also am nächsten Tag gleich zum Hausarzt. Inzwischen war das Fieber weg, aber ich fühlte mich wie ausgekotzt. Sonst aber keine Symptome. Keine Halsschmerzen, kein Schnupfen (bis auf die ewig feuchte Nase), nur etwas Durchfall (kann von der Chemo kommen). Man nahm mir Blut ab - aus dem Handgelenk - eine schmerzhafte Prozedur, aber eine andere Stelle gab es einfach nicht mehr! Wie soll das bei den nächsten Chemos erst werden?
Am Abend rief mich dann meine Hausärztin an. Die Leukos lagen bei 1,56, was ja noch nicht so dramatisch ist. Aber ich wusste, sie würden noch fallen.

Heute bin ich dann ins KH gefahren, um noch mal das Blut kontrollieren zu lassen. Ergebnis: 0,6! :-( Jetzt ist endgültig Ende der Fahnenstange. Die Schwester in der Tagesklinik malte mir ein schreckliches Szenario, wenn ich nicht Granocyte und Antibiotika nehmen würde. Wenn ich einen Infekt bekomme, ist es für orale Gabe von Antibiotika zu spät - ich würde dann stramm im KH liegen müssen mit intravenöser Gabe von Antibiotika. Isolierhaft wäre das. Da momentan keine Ärztin verfügbar war, habe ich erst eine Freundin besucht und bin dann gegen Mittag nochmal ins KH gefahren. Leider war es zu spät, meinen Frauenarzt zu erreichen, der mir die Medikamente verschreiben sollte. Ich bekam eine Granocyte-Spritze im Hinblick darauf, dass der Arzt es mir verschreiben würde.

Mein Mann musste früher von der Arbeit kommen, damit ich dann am Nachmittag zum Frauenarzt fahren konnte - eine Strecke übrigens 35 km, da ich nicht in der Stadt wohne... Ich hatte das Gefühl, ich sitz heut nur im Auto. Ich bekam das Rezept. Und per Ultraschall die Gewissheit, dass die ausbleibende Regel keine Schwangerschaft ist. Puh! Das wäre es jetzt noch gewesen!

Und nun humpel ich wie eine alte Frau durch die Gegend. Alle Knochen im Leibe tun weh, und die Gelenke mag ich kaum bewegen. Es ist so, als wenn man richtig die Grippe bekommt und man denkt, eine Dampfwalze wäre über einen hinweggerollt. Ist eine Wirkung der Granocyte-Spritze. Eine Tablette des Antibiotikums hab ich intus. Und morgen fahre ich wieder ins KH und lass mich wieder pieksen. Und wenn die Leukos immer noch unter 1 sind, dann bekomme ich noch eine Spritze. Und das so lange, bis die Leukos wieder über 1 liegen.

Dann schauen wir morgen mal...
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Wechseljahre?
So richtig prima geht es mir nicht. Ich könnte ständig essen, weiß aber, dass mir das nicht gut tun wird. Neulich meinte ich zu meinem Mann abends: "Ich könnt noch auf ein halbes Schwein auf Toast." Und dann haben wir uns Curry-Huhn-Baguette bestellt. Abgesehen davon, dass ich vom Geschmack nicht allzuviel mitbekam, war es erst ganz gut. Aber am nächsten Tag bzw. am selben Abend im Bett fühlte ich mich so aufgebläht. Überhaupt, diese Blähungen machen mich noch verrückt. Manchmal tut es sehr weh, und ich hab Angst, dass es mich unterwegs erwischt, wenn keine Toilette in der Nähe ist oder eben Menschen da sind, die mein schmerzverzerrtes Gesicht angucken müssen...

Seit neuestem sind dann auch wieder Kälteschauer an der Tagesordnung. Morgens im Bett wird mir sehr warm, dass ich die Füße rausstrecken muss. Aber am Tag überfallen mich diese Kälteschauer. Ach ja, und meine Regelblutung, die eigentlich letzten Donnerstag hätte kommen sollen, ist immer noch nicht da. Es gibt auch keine Anzeichen, dass das noch kommt. War es das jetzt? Bin ich jetzt im Klimakterium? Mit 40 im Klimakterium.... Nun ja, die ewige Bluterei ist weg, das ist ja gar nicht mal schlecht. Aber irgendwie doch ein komisches Gefühl, so als ob da was fehlt.

Seit heute ist mein Sohn wieder im Kindergarten. Und prompt heute nachmittag hing schon wieder ein Schild dort, dass da Magen-Darm-Infekte aufgetreten seien. Na prima, das brauchen wir hier auch noch! Ich muss echt überlegen, ob ich Eike nächste Woche in den Kindergarten schicke. Aber der dreht mir hier am Rad, ich hab nicht die Kraft, ihn so zu beschäftigen, momentan. Vielleicht könnte ich mit Eike ein paar Tage meine Mutter besuchen? *geradesoeineIdeehabe* Aber ich muss Montag erstmal zur Blutbildkontrolle, und was ist, wenn die wieder so schlecht ausfällt? Dann muss ich da alle 2 Tage antanzen. Da muss ich nochmal drüber nachdenken.
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Ostern ohne Kind
Eike ist immer noch bei der Oma, morgen am Ostersonntag machen sie einen Ausflug.

Also sind mein Mann und ich allein zuhause. Mein Mann war heute fleißig, hat sein Rad repariert, die Regenrinnen saubergemacht, die Gartenmöbel ausgeräumt. Da konnten wir heute schon schön draußen sitzen, zumindest mit Jacke drüber. Wenn die Sonne so direkt auf den Kopf scheint, wird es unter der Perücke schon recht warm. Ich denke mal, im Sommer hält man es gar nicht aus.

Fürs Osterfeuer bin ich noch nicht fit genug. So manchmal ist mir etwas flau im Magen - bis morgen muss ich noch diese Kortisontabletten nehmen, danach ist es meist gut, und ich brauche auch die MCP-Tropfen nicht mehr. Jetzt muss ich mal wieder durch die Geschmacklosigkeit durch, aber ich weiß ja, das geht vorüber...

Mein Handgelenk ist noch mächtig blaurot verfärbt, sieht aber so aus, als wäre das nur ein Bluterguss, der sich vollständig zurückbilden wird. Das ist doch mal was! Mit etwas Chance findet man vielleicht noch 2mal eine Vene für die letzten beiden Chemos. Zwei Drittel habe ich nun hinter mir!
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4. Chemo
Heute habe ich die 4. Chemo bekommen. Vorher war ich noch in der "Inneren" zum Herzultraschall. Mein Herz ist immer noch prima in Ordnung - alles andere hätte mich jetzt auch gewundert. Ich wurde zweimal geschallt, weil da wohl gerade eine Ärztin in Ausbildung ist, und da das bei mir so gut klappte, freute sie sich über mich als Übungsobjekt. :-)

Mein Leukozytenwert hatte sich von letzten Freitag (1.1) heute auf 4.8 erholt. Nicht schlecht, Herr Specht! Dennoch habe ich aufgrund der Tendenz der Werte, die immer am Tag der Chemo gemessen wurden, ausgerechnet, dass es bei der 6. Chemo eventuell nicht reichen könnte.

Jedenfalls konnte es heute losgehen. Die Armbeuge fiel ja nun aus, also piekste man mich heute unterhalb des Handgelenks auf der Innenseite an. Eine sehr empfindliche Stelle! Aber es klappte. Die Infusionen liefen prima. Allerdings nach dem Adriamycin rötete sich am ganzen Unterarm die Haut - dort wo die Vene langgeht. Au weia, geht das schon wieder los? Ich bekam aber nach der Chemo gleich Heparinsalbe drauf, und die Rötung am Arm ging zurück. Nur um die Einstichstelle herum sah es noch etwas blaurot verfärbt aus.

Ich bin auf dem Weg nach Hause schon fast eingeschlafen. Ich fürchte, diesmal haut es mich auch heftig aus den Puschen. Heute nachmittag habe ich auch geschlafen, mit nem Kühlkissen auf meinem Arm. Gleich geht es für die Nacht in die Heia, muss nur noch Heparinsalbe auftragen. Mein Darm macht Probleme, ich habe schmerzhafte Blähungen und so ein Gefühl, als wird mir schlecht. Aber ich glaube nicht, dass ich erbrechen muss. Schauen wir mal, wie die nächsten Tage werden. Sohnemann will ja jetzt doch bis Sonntag bei Oma bleiben. Sonntag planen sie einen Ausflug. Am liebsten würde ich ja mitfahren, aber das wird wohl nicht gehen.
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Messungen und Analysen
Ich frage mich gerade mal, wie genau eigentlich solche Blutbilduntersuchungen sind. Also wenn es heißt, mein Leukozytenwert liegt bei 1.1, also 1.1 Milliarden Leukozyten pro Liter Blut, mit welcher Messwerttoleranz ist dieser Wert behaftet? Hm, hätte ich heute mal meine Hausärztin fragen sollen. Sie hatte richtig Zeit für mich heute. Es war ein gutes Gespräch. Ich habe ihr mein Diagramm gezeigt, dass ich gemacht habe:
Verlauf der wichtigsten Blutwerte
Die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättchen) reagieren viel stärker auf die Chemotherapie als die Erythrozyten (rote Blutkörperchen). Das liegt daran, dass die roten Blutkörperchen eine viel längere Lebensdauer haben (so 120 Tage), erklärte mir meine Ärztin. Das Paradoxe, dass ich jetzt weniger bis gar nicht von Infekten belastet bin im Vergleich zu früher vor der Chemotherapie, erklärt sich sicher auch damit, dass zum einen auch Bakterien von der Chemo abgetötet werden, zum anderen die Leukozyten immer frisch und damit fitter sind als früher. Das, was die Chemo machen soll, nämlich kranke, abartige Zellen abtöten, gilt nicht nur für Krebszellen, sondern auch für Blutzellen. Wer weiß, wie viele "kranke" Blutzellen so im Körper sind, die sich sonst auch vermehren und gar nicht so ihre Funktion ausführen können, wie eigentlich gedacht.

Gewissermaßen räumt die Chemotherapie kräftig auf: sie schmeißt Altes und Ausgedientes auf den Müll und lässt Neues einziehen. Diese Sicht auf die Situation finde ich sehr interessant. Schon im letzten Jahr nach meiner Gallen-Operation hatte ich das Gefühl, "aufgeräumt" zu haben. Und dieses Aufräumen zeigte sich auch äußerlich. Ich habe aus meinem Haus, aus meinem Büro auch einiges ausgemistet und auf den Müll geworfen und fühlte mich befreit!
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Es geht bergauf
Gestern, am Freitag, war ich nun nochmals zur Blutbildkontrolle. Der Leukozytenwert ist wieder auf 1.1 angestiegen. Nun war auch die Ärztin im KH der Meinung, die Granozyte-Spritze brauche ich nicht mehr. Ich fühlte mich gut. Nach einer kurzen Rücksprache mit der Ärztin habe ich auch entschieden, die restlichen drei Chemos ohne Port zu versuchen, zumal die Venenentzündung in meinem Arm besser zu werden schien.

Die Ärztin ermunterte mich auch, am Nachmittag zu dem Treffen mit Freundinnen zu gehen, obwohl ich ja ziemlich infektgefährdet bin. Es tut einfach auch für die Psyche gut, wenn man mal aus seinen 4 Wänden rauskommt und liebe Menschen trifft.

Und das war auch sehr schön! Die Mädels sahen mich das erste Mal mit Perücke, und sie fanden, ich sehe gut aus. Das tut richtig gut, sowas zu hören!

Heute war ich noch nicht angezogen, als schon der Postbote kam und mir den langersehnten TFT-Bildschirm brachte. Schon seit Jahren wünsche ich mir so ein Teil, und nun habe ich mir den gegönnt von dem Geld, das ich zum Geburtstag geschenkt bekam. Einfach klasse! Kein Flimmern mehr! Balsam für die Augen!
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Notwendig oder nicht?
Nachdem am Montag der Leukozytenwert nur bei 1.1 lag, sollte ich heute nochmal zur Blutbildkontrolle kommen. Heute war der Wert nun unter 1 gerutscht, liegt nur noch bei 0.8. Dabei fühle ich mich ja nicht krank, nur dass ich heute tierische Kopfschmerzen hatte, schon gleich nach dem Aufwachen.

Ich dachte, nun werden sie mir im KH diese Granulozytenanregung verpassen. Etwas verwundert war ich dann, dass die Ärztin im KH mich damit zum Hausarzt bzw. Frauenarzt schickte. Der sollte mir das verschreiben und heute gleich spritzen. Ich nahm es zur Kenntnis und beschloss, gleich zu meiner Hausärztin zu fahren.

Dort angekommen, bot man mir den Ruheraum als Warteraum an, um mich nicht mit den Krankheitskeimen der anderen wartenden Patienten zu belasten. Meine Hausärztin war auch etwas verwundert, dass sie das Medikament zur Granulozytenanregung verschreiben soll. Sie schaute nach und sagte, eine Ampulle davon kostet 150 €! Ich fiel fast vom Stuhl! Sie sagte, sie könne mir das nicht verschreiben, da sie das dann aus eigener Tasche bezahlen müsste. Außerdem sagte sie, die Leukozyten erholen sich auch so wieder, und solange ich keinen Infekt und keine Beschwerden bekäme, ist die Gabe eines solchen Medikaments schwer zu begründen. Der einzige Sinn ist der, dass evtl. die nächste Chemotherapie pünktlich stattfinden kann - bzw. andersrum formuliert, die Gefahr, wenn man nichts unternimmt, ist, dass sie eben verschoben werden muss, wenn sich das Blutbild bis dahin noch nicht erholt hat.

Als ich ihr dann noch erzählte, wie die mir heute das Blut abgenommen haben, hatte sie Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses. Weil nämlich beim Drücken des Fingers auch Gewebeflüssigkeit mit rausgedrückt wird und das Blut verdünnt, können die Ergebnisse zum Schlechteren hin verfälscht sein. Daraufhin wollte sie mir Blut abnehmen, um den Wert zu überprüfen, und wenn sich herausstellt, dass der Wert eigentlich viel besser ist, dann müsste ich morgen nicht wieder ins KH. Nun, das Problem war jetzt, wo abnehmen. Die Armvene ist entzündet. Also versuchte sie es am Handgelenk. Drei Versuche schlugen fehl. Normalerweise ist sie ziemlich gut darin, sie hat selbst mal in der Onkologie gearbeitet. Ich weiß auch, dass sie ziemlich gut ist, aber heute klappte es nicht. Schließlich beschlossen wir, das Blut aus dem Ohrläppchen abzunehmen. Und das klappte prima! Das Blut lief freiwillig und musste nicht rausgequetscht werden.

Anschließend standen drei Arzthelferinnen/Azubis um ein Mikroskop, um die Leukos zu zählen. Ich durfte auch einen Blick reinwerfen. Ich sah viele dunkle Flecke, aber nicht alle sind Leukos. Nur die dicken runden, hieß es. Das ist gar nicht so einfach! Nun ja. Jedenfalls bestätigte sich aber der niedrige Wert. Dennoch bleibt es dabei, ich bekomme diese Granozyte-Spritze nicht - und ich werde auch erst Freitag wieder zur Kontrolle ins KH fahren.

Nach dem Drama mit meinen Venen überlege ich nun, ob es nicht doch besser ist, mir einen Port einsetzen zu lassen. Allerdings sind es ja nur noch drei Chemos.... Soll ich oder soll ich nicht?
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Familienbande
Ich habe heute ein neues Buch bekommen: "Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft" von Frank Schirrmacher. In den Rezensionen bei Amazon wird das Buch ziemlich zerrissen. Aber ich finde zumindest das, was ich bisher gelesen habe, nachdenkenswert. An einigen Beispielen, wo Menschen in Gefahr geraten, wird gezeigt, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit derjenigen am größten sind, die in einem Familienverband integriert sind. Wer hilft wem, wenn Gefahr droht? Familienmitglieder helfen einander, auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens, während andere zwischenmenschliche Beziehungen in solchen Situationen schnell auseinanderfallen.

Ich sehe das jedoch nicht nur unter dem Aspekt, wer hilft wem, sondern auch unter dem Aspekt des ÜberlebensWILLENS. Gerade jetzt stelle ich fest, dass ein Überlebenswille, den ja jeder Mensch für sich hat, dadurch verstärkt wird, dass man eine Familie hat. Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich keinen Mann und kein Kind hätte und ich hätte Krebs. Diese Vorstellung allein ließ in mir Verzweiflung hochkommen. Wie allein würde ich mich da fühlen! Und für wie sinnlos würde ich den Kampf gegen diese Krankheit empfinden, wenn es so wäre. Und so bin ich dankbar dafür, dass es Menschen um mich herum gibt, die mich lieben und die ich liebe. Ich kämpfe gegen diese Krankheit, weil ich mein Kind aufwachsen sehen möchte, weil ich ihm noch soviel von der Welt zeigen möchte. Und ich fühle mich getragen in dem Wissen, dass meine Familie mich liebt!

Ich merke, dass auch meine Ursprungsfamilie, aus der ich stamme, für mich wieder mehr Bedeutung gewinnt. Sie ist wie eine Heimat. Gerade hatte ich sie hier zu Besuch. Und ich empfand unsere Begegnung viel liebevoller als die bisherigen Begegnungen. Ich denke sogar an meine Tanten und Onkel und Kusinen und an vergangene Zeiten, in denen wir miteinander gespielt und gelacht haben. Warum nur sind unsere Begegnungen so selten geworden? Früher war das anders. Ich denke noch gern an die Ferien bei meiner Tante zurück, als ich 10 Jahre alt war. Es war ein schöner Sommer. An einem Tag aßen wir Kartoffelpuffer mit Apfelmus, und meine Kusinen und ich alberten herum... Ich denke an einen Geburtstag meiner Oma, ich weiß nicht mehr genau welchen, wahrscheinlich war es der 85. oder der 90., jedenfalls war auch der Bürgermeister da. Und alle Kinder, Enkel und Urenkel und Ururenkel meiner Oma waren da. Und ich dachte, wie wunderschön es ist, im Kreise seiner Lieben alt zu werden. Und wie traurig es wäre, wenn meine Oma keine Kinder gehabt hätte. In diesem Moment damals auf dem Geburtstag meiner Oma wusste ich, dass ich selbst auch Kinder haben möchte.
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Schlechte Blutwerte
Heute war ein Tag mit Wurm drin. Erst bekomme ich bei meinem Hausarzt eine Überweisung mit falschem Datum. Das wurde aber erst beim Frauenarzt entdeckt.

Auf dem Weg dahin steckte ich eine halbe Stunde im Stau. Warum, weiß kein Mensch, da war kein Unfall. Im Krankenhaus habe ich zunächst mein Blutbild testen lassen. Leukozyten liegen bei 1.1 ! :-( Nun soll ich übermorgen nochmal zur Kontrolle kommen.

Beim Frauenarzt war ich völlig durch den Wind. Erst die schlechten Blutwerte. Mein Arm tut immer noch weh, und ich hatte mir beim Einparken auf dem Mini-Hinterhof einen Wolf rangiert. Mit der neuen KH-Einweisung und der Unterschrift unter dem KK-Formular fuhr ich wieder nach Hause. Erst nachdem ich was im Magen hatte, schien mein Gehirn wieder richtig zu funktionieren. Mir fiel dann nämlich ein, dass ich vergessen hatte, eine neue Krankmeldung zu verlangen... Ich kam mir vor, als würde ich langsam senil. Muss mir alles auf einen Zettel schreiben, sonst vergesse ich die Hälfte. Ob das auch von der Chemotherapie kommt? Nun, mit so schlechten Blutwerten kann man ja nicht richtig funktionieren.

Am Nachmittag bekam ich Kopfschmerzen. Und ich fühle mich seitdem wie erschlagen. Ich bin echt erledigt.

In den letzten drei Tagen war aber auch viel los. Es waren jeden Tag Gäste da, um mit mir meinen 40. Geburtstag zu feiern. Es war schön, aber auch anstrengend. Gestern waren meine Mama mit ihrem Mann und meine Schwester mit ihrer Familie da. Wir sind essen gegangen. Auch das schien zuerst schief zu laufen. In dem Restaurant, wo ich einen Tisch bestellt hatte, hatte man angeblich keine Notiz und es war brechend voll. Also sind wir woanders hin, und da waren wir die einzigen Gäste. Das war dann noch sehr schön, und wir hatten viel Spaß zusammen, und das Essen (griechisch) war ausgezeichnet.
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Sentimental
Heute war es wirklich schwer, aus dem Bett zu kommen. Und als ich dann aus dem Bett kam, kam ich kaum vom Klo runter :-(

Mein Arm tut auch immer noch weh. Ich fühlte mich schlapp und kraftlos, mir war auch ein wenig übel - und überhaupt... Ich saß da und heulte, ich wusste nicht wirklich warum. Es war einfach alles Mist! Ich dachte, vielleicht sollte ich jemanden anrufen, aber ich wollte keinem das Ohr vollheulen. Irgendwann um 10 Uhr kriegte ich es geregelt, zu frühstücken und mir den Arm neu zu verarzten. Ich machte mir einen Kräutertee, und der beruhigte zum Glück meinen Magen ein bisschen.

Ich legte mich wieder ins Bett. Da klingelte es. Die Post war da und brachte zwei CDs. Sun Spirit, mit dieser Musik entspannte ich mich herrlich, und es ging etwas besser.

Dann war es auch schon Mittag, und ich aß den Rest von gestern mit neuen Nudeln. Ja, ich habe nicht wirklich viel geschafft, in der ersten Hälfte des Tages, aber als mein Mann und mein Sohn nach Hause kamen, wurde ich etwas aktiver. Wie habe ich Eike vermisst! Wir knuddelten immer wieder, und er sagte mir immer wieder, wie lieb er mich hat, und ich sagte immer wieder, wie lieb ich ihn hab.

Meine Männer machten sich dann aber bald auf den Weg zum Friseur. Ich legte wieder die neue CD ein, setzte die Kopfhörer auf und bereitete total in Ruhe und langsam alles fürs Kuchenbacken vor. Die Margarine sollte erst etwas weich werden, dann lässt sie sich besser verrühren.

Bald habe ich Geburtstag. Es ist ein runder Geburtstag, irgendwie eine Schallmauer. Vierzig. Ich habe einen simplen Marmorkuchen gebacken. Als er im Ofen war, saß ich in der Küche mit den Kopfhörern auf dem Kopf und weinte. Mir wurde klar, dass das mein Lieblingskuchen aus der Kindheit war. Ich sagte zu meinem inneren Kind: "Ich habe Dir Deinen Lieblingskuchen gebacken." Ich war richtiggehend sentimental, ich dachte an die Geburtstage in meiner Kindheit. Alles erschien mir weit weg und doch wieder so nah wie nie zuvor. Ich weiß nicht genau, warum ich heute so nah am Wasser gebaut habe. Vielleicht weil momentan alles zuviel ist, selbst die kleinsten Beschwerden werfen mich aus der Bahn. Noch vor ein paar Wochen wäre ich darüber hinweggegangen und hätte gesagt: shit happens, liegt an der Chemo, und das geht wieder vorbei.

Aber heute war mein inneres Kind am Ruder. Es bestimmte meinen Tagesablauf. Es weinte, wenn ihm was wehtat. Und ich konnte nicht wirklich viel tun, um die Schmerzen zu lindern. Höchstens eben sagen, jetzt kochen wir uns einen Kräutertee, der beruhigt den Magen. Oder: Ich backe Dir Deinen Lieblingskuchen....
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