Abgeblasen
Heute morgen waren wir schon kurz nach halb acht in der Kinderklinik zur Blutbildkontrolle. Danach gleich rüber in die Frauenklinik. Dort angekommen, waren die Blutwerte schon da. Das Ergebnis war schockierend für mich: 3.9. NUR 3.9, nachdem der Wert letzte Woche noch bei 5.6 lag! In mir machte sich ein seltsames Gefühl breit. Geknickt ging ich in den Aufenthaltsraum. Ich saß da eine Weile zusammen mit meinem Mann, dachte nach, und in meinem Bauch arbeitete es.

Nach einer Weile traf ich eine Entscheidung. Ich stand auf, sagte: "Ich geh jetzt da hin und sage die Chemo ab!" und das tat ich dann. Man rief sogleich in der Zytostase an, um die Herstellung meiner Zytostatika zu stoppen. War leider etwas spät, aber man konnte die Lösungen noch für eine andere Patientin verwenden.

Als ich da stand und alles abblies, ging mir das emotional sehr nahe, mir kamen die Tränen, ich entschuldigte mich für das ganze Hin und Her. Aber man hatte Verständnis dafür. Und die Schwestern sagten, dass ich mich richtig entschieden habe. Das weiß ich auch ganz sicher. Es kam dann noch die Frau, mit der ich das letzte Mal zusammen auf dem Zimmer lag, und ich fragte sie, wie tief ihre Leukowerte denn immer so gefallen sind. Bemerkenswerterweise konnte sie mir das so auf Anhieb nicht sagen! Sie kramte dann in ihren Unterlagen und fand den letzten Laborzettel. 2.7 - ihre Leukozyten fielen nach der letzten Chemo (auch ihre 5. gewesen) auf 2.7, der Wert liegt mehr als fünfmal höher als meiner! Ich fiel fast vom Stuhl! Und sie ebenfalls, als ich ihr von meinen Werten erzählte....

Wir warteten dann noch auf die Abschlussuntersuchung. Es war eine andere Ärztin da, die ich noch nicht kannte. Aber auch sie war sehr nett. Sie tastete nochmal meine Brust ab und die Lymphknoten in den Achseln und prüfte die Wirbelsäule, Lunge und Leber. Also all die Stellen, wo möglicherweise Metastasen auftreten könnten. Alles okay. Mir tat nichts weh. Die Ärztin sagte, nach ca. 2 Wochen sollte nun die Chemo aus dem Körper raus sein, so dass man sich wieder wie vorher fit fühlen sollte. Nun ja, ich würde mich da nicht so auf 2 Wochen festnageln lassen, kann sein, dass das in meinem Fall wieder mal länger dauert.

Zuhause angekommen, war Eike schon da mit der Oma. Oma wirbelte schon in unserem Haushalt, die Waschmaschine lief, sie fegte Küche und Flur, und Eike saß vorm Fernseher... Er freute sich mich zu sehen, und ich bin wieder einmal froh, die Chemo abgesagt zu haben.

Meine Schwester hatte versucht anzurufen, ich rief sie zurück. Sie dachte, ich hätte erst nächste Woche Chemo. Sie war auch ganz erleichtert, dass ich die Chemo nun abgebrochen habe. Sie und Mama hätten sich schon Sorgen gemacht, dass ich mir das nochmal antue. Vielleicht zu Recht - die Schwester im KH sagte noch, die Chemotherapie kann das Knochenmark dauerhaft schädigen. In dem Fall würden sich meine Blutwerte nie wieder richtig erholen, ohne dass man irgendwas unternimmt (wenn das überhaupt möglich ist). Na vielen Dank auch!
in: Brustkrebs
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