Zweifel
eikesmom, Freitag, 24. Februar 2006, 23:55
Gestern war recht ereignisreich. Ich bekam eine E-Mail von einer Firma, für die ich mal eine Anwendung programmiert habe, und nun fragen sie, ob ich Support leisten möchte. Ich war ziemlich geplättet. Einerseits freute ich mich darüber, weil sie offensichtlich meine Arbeit doch wertschätzen. Aber ich kann diesen Support nicht leisten. Mein Arbeitgeber existiert nicht mehr, und ich habe anderes zu tun, ich muss erst wieder gesund werden!
Am Nachmittag hatte ich einen Vorgesprächstermin in einem anderen Krankenhaus, wo ich die Strahlentherapie machen will. Als wir schon fast da waren, fiel mir ein, dass wir die Röntgenbilder zuhause vergessen hatten. Mannomann, das war echt chaotisch. Wir kamen dann eine Minute vor dem Termin noch pünktlich an. Dort im Krankenhaus war man aber auch nicht soooo organisiert, jedenfalls fand mein Mann das.
Eine Ärztin erklärte uns, was bei der Strahlentherapie passiert. Es wird die ganze Brust bestrahlt, aber so, dass möglichst das Herz nichts abbekommt und möglichst wenig von der Lunge. Die Strahlen sind ultraharte Röntgenstrahlen. Bestrahlt wird 2 Minuten lang, und das jeden Werktag, etwa 28-33 mal. Erst wollten sie dann schon gleich das Planungs-CT machen, aber dann holte man uns da wieder weg, weil die Strahlentherapie ja erst im Juni anfangen kann. Ich soll nun vor der letzten Chemo einen Termin für das Planungs-CT (Computer-Tomographie) vereinbaren.
Die Ärztin war sehr nett. Aber sie sagte etwas, was in mir leise Zweifel säte, ob das, was ich tue, so richtig ist. Im Gespräch mit einem anderen Arzt sagte letzterer, es sei manchmal schon verrückt, dass manche Frauen, die jung und an sich gesund sind, zur Chemotherapie geschickt werden, nur um 4% mehr Überlebenswahrscheinlichkeit laut Statistik rauszuholen. Wenn man das so sieht, wäre eine Chemo für mich Quatsch. Aber ich hatte ja einen anderen Gedanken: Wenn ich in einigen Jahren wieder Krebs haben sollte und ich keine Chemo gemacht hätte, würde ich mir ewig Vorwürfe machen. Und daher mache ich sie.
Ich sagte, die Begründung, 4% mehr Überlebenswahrscheinlichkeit zu haben, würde für mich auch nicht ausreichen. Statistiken sind schön und gut, sagen für den individuellen Menschen aber nur Wahrscheinlichkeiten aus. Es gibt keine Garantie dafür, dass man dem Durchschnitt entspricht. Jeder Einzelne kann völlig aus der Art schlagen, ohne dass die Statistik für die Gesamtheit ihren Wert verliert. Aber für den Betroffenen hat sie dann keinen Wert.
Heute morgen fühlte ich mich dermaßen schlecht, dass meine Schwiegermutter kommen musste, um Eike in den Kindergarten zu bringen. Ich vermute, dass mir die Thymus-Mistel-Spritzen fehlten. Wir hatten Mittwoch ausgesetzt, weil es eventuell auch einmal pro Woche reicht. Aber nun meine ich, zweimal pro Woche ist doch besser. Morgen gibt es wieder Spritzen. Und dann wieder Mittwoch.
Heute mittag hat mir mein Mann die noch verbliebenen Haare kurz geschnitten. Mit den dünnen Haaren konnte ich mich eh nicht mehr unter Leute wagen. Und so passt wenigstens schon mal die Perücke drüber. Aber als wir heute in der Stadt waren, habe ich lieber die Mütze aufgesetzt, ist doch noch etwas kalt draußen!
Haare überall
eikesmom, Donnerstag, 23. Februar 2006, 23:54
Heute morgen habe ich unter der Dusche so viele Haare verloren, dass meine Frisur jetzt wirklich im Eimer ist. Es sieht einfach nur traurig aus. O manno, ist das ein sch... Gefühl, sich so im Spiegel zu sehen! Beim Kämmen holte ich mehrere Handvoll Haare raus. Ob ich jetzt einfach mal die Schere ansetze? Aber bei dem Gedanken wird mir trotz allem flau im Magen. Das Ganze nimmt mich doch mehr mit als ich dachte.
Ich bin dann heute morgen mit meiner neuen Mütze raus und habe Eike in den Kindergarten gebracht. Irgendwie kam ich mir komisch vor, aber die Leute reagierten nicht besonders auf mich. Ist also alles halb so wild.
Aber ich seh krank aus, richtig krank! Vielleicht sollte ich etwas Schminke auftragen. Ja, das werde ich mal versuchen. Und dann in die Welt hinauslächeln und jedweden Trübsinn im Keim ersticken!
Eine Mütze für mich
eikesmom, Mittwoch, 22. Februar 2006, 23:54
Heute vormittag war ich richtig aktiv, habe richtig was geschafft!
Gestern war mit der Post ein Brief von meiner Hausärztin gekommen. Sie bittet um Einverständniserklärung, von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden zu werden, damit sie Befunde an das Versorgungsamt senden kann. Das Versorgungsamt entscheidet ja über den Antrag auf den Schwerbehindertenausweis. Also habe ich heute morgen gleich die Erklärung unterschrieben dort abgegeben. Ob mein Frauenarzt dafür auch noch eine Erklärung braucht? Na, er wird sich melden, denke ich.
Dann war ich einkaufen. Sonst hat mein Mann das immer gemacht, nachmittags nach der Arbeit. Aber ich finde es auch doof, wenn er dann nochmal los muss, ich würde viel lieber mit ihm einen Tee trinken oder so und ein wenig über den Tag quatschen. Und ich fühlte mich fit genug für den Einkauf. Nun ja, als ich da den Wagen durch den Laden schob, fragte ich mich, ob die da wohl eine Kundentoilette haben. Zur Zeit habe ich wieder mit Durchfall zu tun :-(. Aber mein Darm beruhigte sich glücklicherweise wieder, und ich konnte den Einkauf fortsetzen.
Nach dem Einkauf war ich dann noch in einem Textilgeschäft hier im Ort, in dem Geschäft war ich noch nie vorher. Sonst fahren wir immer in die Stadt. Ich wohne in einer Gemeinde mit vielleicht 15000 Einwohnern. Ich wollte eine Strickmütze für mich. Im Krankenhaus hatte ich eine Frau gesehen, die eine Strickmütze trug, um ihre Glatze zu bedecken, und ich fand, das sah sehr schön aus!
Ich erklärte der Verkäuferin, dass ich meine Haare verliere - musste ich ja, sie hätte bestimmt doof geguckt, wenn ich die Mützen aufprobiere und hinterher jede Menge Haare drin hängen bleiben. Ich habe die Haare auch selbst alle wieder rausgepuzzelt. Die Verkäuferin war sehr nett und hatte Verständnis für meine Situation. Sie wünschte mir alles Gute. Ich fand tatsächlich eine Mütze, die prima zu meiner Jacke passt und schön warm ist.
Nun können die Haare gehen! Ich bin bestens vorbereitet!
Haarausfall
eikesmom, Dienstag, 21. Februar 2006, 23:53
Seit Samstag deutete es sich schon an. In der ganzen letzten Woche hatte ich fast nie ein Haar im Kamm, am Samstag eine kleine Strähne. Heute morgen verstopften meine Haare den Abfluss in der Dusche. Gut, dass ich da ein Sieb drin habe!
Beim Kämmen der Haare hatte ich büschelweise Haare drin. Ich muss jetzt nur mit den Händen durch die Haare fahren, und ich habe einige in der Hand. Die letzten Tage hatte ich so ein Pieksen in den Haarwurzeln, sicherlich waren das schon die ersten Anzeichen, dass es bald losgeht.
Irgendwie habe ich ja drauf gewartet. Der Haarausfall, so offensichtlich er auch für andere ist, so schlimm er für andere sein mag, ist ausnahmsweise mal eine nicht schmerzhafte Nebenwirkung. Okay, ich mach mir schon Sorgen, ob ich den richtigen Zeitpunkt erwische, meine Perücke hervorzuholen. Was ist, wenn ich unterwegs bin, und da fallen die Haare so aus, dass ich nackt dastehe? Momentan sieht man noch nichts.
Ich habe es Eike gleich gesagt. Dass er sich drauf einstellen kann, in 2 Tagen eine Mama mit Glatze zu haben. Bei dem Gespräch ist rausgekommen, dass er gar nicht wusste, dass ich bereits die Medikamente bekommen habe, die zu dem Haarausfall führen.
Gestern war ich mit meiner Freundin spazieren gegangen. Es war schön, mal wieder rauszukommen und frische Luft zu schnappen. Hinterher bei einer Tasse Tee, als ich an meinen Haaren zog (und noch alles fest war), erschrak sie, ich soll doch bitte nicht so an den Haaren ziehen! Aber ich zog ja gar nicht so stark dran. Heute hätte ich dabei bestimmt etliche in der Hand gehabt. Warum finden andere das so schlimm? Ich finde es gar nicht so schlimm. Ich habe mich damit abgefunden. Sie werden ja wieder nachwachsen, in ein paar Monaten. Und dann mit einer Krause! Ich wollte es erst nicht glauben, aber auch die Ärztin im Krankenhaus bestätigte das. Ich werde vielleicht keine Dauerwelle mehr brauchen! Das ist doch mal eine tolle Sache!