Noch immer...
... frage ich mich, ob ich die Tatsache, dass ich Krebs habe, wirklich realisiert habe. Wieso habe ich noch immer das Gefühl, ich habe eine ganz normale Krankheit, geh zum Arzt, lass die behandeln und gut? Ich frage mich, ob es anderen Krebspatienten ebenso geht. Heute habe ich im Aufenthaltsraum der Tagesklinik in einigen Broschüren gelesen. Hin und wieder liest man dann auch von Menschen, die an Krebs gestorben sind. Aber dieses Schicksal, daran zu sterben, habe ich für mich irgendwie weit von mir geschoben. Nein, für mich gilt das nicht.

Mache ich mir da was vor? Ich weiß nicht wirklich, ob ich insgeheim diese Angst habe. Ich empfinde sie jedenfalls nicht, diese Angst. Oder habe ich das nur sorgsam verdrängt? Ich weiß es nicht... Ich glaube, ich muss endlich mal dieses Buch anfangen, das ich von einer Freundin ausgeliehen habe: Zwei Frauen.

Es ist komisch, nun habe ich seit Wochen nun wirklich viel Zeit gehabt zum Lesen. Aber irgendwie hatte ich keine Lust. Ich habe noch so viele Bücher hier, die noch zu lesen sind. Die hätte ich alle längst durchgelesen haben können.
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Entscheidung für die Chemo
Soeben war ich im Krankenhaus und habe mit der Ärztin gesprochen. Das wollte ich, bevor ich mich endgültig entscheide, ob ich die letzte Chemo weglasse oder nicht. Ich hatte Berechnungen angestellt, um abzuschätzen, wo mein Leukozytenwert nach der Chemo landen würde. Dem bisherigen Trend nach käme ich bei etwa 0.2 heraus, was für mich beängstigend niedrig ist. Aber wenn es daran liegt, so sagte die Ärztin, dann kann man ja vorbeugend Granocyte geben, schon ab dem 5. Tag nach der Chemo. Das war schon mal beruhigend zu wissen, dass es Möglichkeiten gibt, solch niedrigen Werte vorher abzufangen. Außerdem hatte sich ja aufgrund der Granocyte-Behandlung der Wert mehr als erholt - d.h. mit 5.6 ist er höher gestiegen als zum Zeitpunkt der letzten Chemos. Gewissermaßen ist der Wert genauso wie am Tag der zweiten Chemo, und nach der ging es mir ja blendend.

Hier ist der Verlauf mit der Prognose:

Blutbildverlauf mit Prognose

Daher habe ich mich nun für die Chemo entschieden, meine Bedenken sind zerstreut, und die üblichen Nebenwirkungen werde ich auch ertragen können, in dem Wissen, dass sie auch wieder vorübergehen und dass ich alles tue, um den Krebs zu besiegen. Die Schwester war einigermaßen überrascht, als sie erfuhr, dass ich die Chemo nun doch machen will - sie hätte es an meiner Stelle nicht gemacht.

Es ist eine schwierige Entscheidung gewesen. Ich kann nicht wirklich beurteilen, ob die Nebenwirkungen, die ich habe, dermaßen schlimm sind, dass sich ein Weglassen empfiehlt. Andere Patientinnen berichteten mir von den gleichen Nebenwirkungen, aber sind sie nun weniger stark als bei mir oder genauso? Vielleicht erzählen sie nicht so sehr davon wie ich? Es ist so schwer zu beurteilen, wie andere das empfinden.
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