Familienbande
Ich habe heute ein neues Buch bekommen: "Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft" von Frank Schirrmacher. In den Rezensionen bei Amazon wird das Buch ziemlich zerrissen. Aber ich finde zumindest das, was ich bisher gelesen habe, nachdenkenswert. An einigen Beispielen, wo Menschen in Gefahr geraten, wird gezeigt, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit derjenigen am größten sind, die in einem Familienverband integriert sind. Wer hilft wem, wenn Gefahr droht? Familienmitglieder helfen einander, auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens, während andere zwischenmenschliche Beziehungen in solchen Situationen schnell auseinanderfallen.

Ich sehe das jedoch nicht nur unter dem Aspekt, wer hilft wem, sondern auch unter dem Aspekt des ÜberlebensWILLENS. Gerade jetzt stelle ich fest, dass ein Überlebenswille, den ja jeder Mensch für sich hat, dadurch verstärkt wird, dass man eine Familie hat. Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich keinen Mann und kein Kind hätte und ich hätte Krebs. Diese Vorstellung allein ließ in mir Verzweiflung hochkommen. Wie allein würde ich mich da fühlen! Und für wie sinnlos würde ich den Kampf gegen diese Krankheit empfinden, wenn es so wäre. Und so bin ich dankbar dafür, dass es Menschen um mich herum gibt, die mich lieben und die ich liebe. Ich kämpfe gegen diese Krankheit, weil ich mein Kind aufwachsen sehen möchte, weil ich ihm noch soviel von der Welt zeigen möchte. Und ich fühle mich getragen in dem Wissen, dass meine Familie mich liebt!

Ich merke, dass auch meine Ursprungsfamilie, aus der ich stamme, für mich wieder mehr Bedeutung gewinnt. Sie ist wie eine Heimat. Gerade hatte ich sie hier zu Besuch. Und ich empfand unsere Begegnung viel liebevoller als die bisherigen Begegnungen. Ich denke sogar an meine Tanten und Onkel und Kusinen und an vergangene Zeiten, in denen wir miteinander gespielt und gelacht haben. Warum nur sind unsere Begegnungen so selten geworden? Früher war das anders. Ich denke noch gern an die Ferien bei meiner Tante zurück, als ich 10 Jahre alt war. Es war ein schöner Sommer. An einem Tag aßen wir Kartoffelpuffer mit Apfelmus, und meine Kusinen und ich alberten herum... Ich denke an einen Geburtstag meiner Oma, ich weiß nicht mehr genau welchen, wahrscheinlich war es der 85. oder der 90., jedenfalls war auch der Bürgermeister da. Und alle Kinder, Enkel und Urenkel und Ururenkel meiner Oma waren da. Und ich dachte, wie wunderschön es ist, im Kreise seiner Lieben alt zu werden. Und wie traurig es wäre, wenn meine Oma keine Kinder gehabt hätte. In diesem Moment damals auf dem Geburtstag meiner Oma wusste ich, dass ich selbst auch Kinder haben möchte.
in: Brustkrebs
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