Sentimental
Heute war es wirklich schwer, aus dem Bett zu kommen. Und als ich dann aus dem Bett kam, kam ich kaum vom Klo runter :-(

Mein Arm tut auch immer noch weh. Ich fühlte mich schlapp und kraftlos, mir war auch ein wenig übel - und überhaupt... Ich saß da und heulte, ich wusste nicht wirklich warum. Es war einfach alles Mist! Ich dachte, vielleicht sollte ich jemanden anrufen, aber ich wollte keinem das Ohr vollheulen. Irgendwann um 10 Uhr kriegte ich es geregelt, zu frühstücken und mir den Arm neu zu verarzten. Ich machte mir einen Kräutertee, und der beruhigte zum Glück meinen Magen ein bisschen.

Ich legte mich wieder ins Bett. Da klingelte es. Die Post war da und brachte zwei CDs. Sun Spirit, mit dieser Musik entspannte ich mich herrlich, und es ging etwas besser.

Dann war es auch schon Mittag, und ich aß den Rest von gestern mit neuen Nudeln. Ja, ich habe nicht wirklich viel geschafft, in der ersten Hälfte des Tages, aber als mein Mann und mein Sohn nach Hause kamen, wurde ich etwas aktiver. Wie habe ich Eike vermisst! Wir knuddelten immer wieder, und er sagte mir immer wieder, wie lieb er mich hat, und ich sagte immer wieder, wie lieb ich ihn hab.

Meine Männer machten sich dann aber bald auf den Weg zum Friseur. Ich legte wieder die neue CD ein, setzte die Kopfhörer auf und bereitete total in Ruhe und langsam alles fürs Kuchenbacken vor. Die Margarine sollte erst etwas weich werden, dann lässt sie sich besser verrühren.

Bald habe ich Geburtstag. Es ist ein runder Geburtstag, irgendwie eine Schallmauer. Vierzig. Ich habe einen simplen Marmorkuchen gebacken. Als er im Ofen war, saß ich in der Küche mit den Kopfhörern auf dem Kopf und weinte. Mir wurde klar, dass das mein Lieblingskuchen aus der Kindheit war. Ich sagte zu meinem inneren Kind: "Ich habe Dir Deinen Lieblingskuchen gebacken." Ich war richtiggehend sentimental, ich dachte an die Geburtstage in meiner Kindheit. Alles erschien mir weit weg und doch wieder so nah wie nie zuvor. Ich weiß nicht genau, warum ich heute so nah am Wasser gebaut habe. Vielleicht weil momentan alles zuviel ist, selbst die kleinsten Beschwerden werfen mich aus der Bahn. Noch vor ein paar Wochen wäre ich darüber hinweggegangen und hätte gesagt: shit happens, liegt an der Chemo, und das geht wieder vorbei.

Aber heute war mein inneres Kind am Ruder. Es bestimmte meinen Tagesablauf. Es weinte, wenn ihm was wehtat. Und ich konnte nicht wirklich viel tun, um die Schmerzen zu lindern. Höchstens eben sagen, jetzt kochen wir uns einen Kräutertee, der beruhigt den Magen. Oder: Ich backe Dir Deinen Lieblingskuchen....
in: Brustkrebs
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