Wieder auf dem Damm
Heute fühl ich mich wieder auf dem Damm. Ich fühle mich fit genug, am Freitag die nächste Chemo in Angriff zu nehmen. Heute bekomme ich auch wieder die Thymus-Mistel-Spritzen.

Gestern und heute bin ich recht spät aufgestanden. Eike wollte bei der Oma bleiben, also bin ich nun morgens ganz allein und brauch mich um nichts zu kümmern als mich selbst. Warum sollte ich dann so früh aufstehen? Heute war es eben schon halb neun. Der Anblick im Spiegel schockt mich jetzt nicht mehr - weicht eher der Verwunderung, warum es einige Haare immer noch gibt, die partout nicht ausfallen wollen. Mein Mann sagt, nach der nächsten Chemo fallen die bestimmt auch. Naja, ich denke, bis dahin habe ich sie abgeschnitten.

Ich hatte heute Bock auf Brötchen und bin deshalb auf dem Weg zur Hausarztpraxis beim Bäcker vorbeigefahren. Beim Arzt habe ich nur das EKG rausgeholt. Alles in Ordnung mit dem EKG. Ich kann die Kurven zwar nicht beurteilen, aber darunter stand bei Befund: Normaltyp.

Gestern habe ich im Gespräch mit meiner Schwiegermutter meine Gedanken nochmal Revue passieren lassen. Ich hatte Angst vor der Chemo, fühlte mich irgendwie nicht bereit. Ich hatte Durchfall. Ich hatte Zweifel, war unsicher. Und traf auf diese eine Ärztin. Mir wurde klar, dass diese Ärztin nicht in der Lage war, mir meine Sicherheit zurückzugeben. Ich zweifle nicht an ihrer Kompetenz, darum geht es nicht. Aber sie verstärkt irgendwie meine eigene Unsicherheit, und das ist nicht gut. Bei der ersten Chemo war eine andere Ärztin da, da war das besser. Sie gab mir einen gewissen Halt, sie hatte Wärme und strahlte Zuversicht aus. Das ist das, was ich brauche. Ich hoffe, dass diese Ärztin am Freitag wieder da ist.
in: Brustkrebs
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