Ich ahne Böses...
Wenn nicht Wochenende wäre, wäre ich sicher schon gestern oder heute zur Blutbildkontrolle gegangen. Seit gestern habe ich Halsschmerzen, die Mundschleimhaut spannt, ist rau und trocken. An der linken Wangeninnenseite ist eine Stelle, auf die ich immer draufbeiße, wenn ich beim Kauen nicht aufpasse. Es war daher ganz gut, dass es heute Suppe gab. Eine lecker Gyrossuppe, aber nicht scharf. Naja, jedenfalls habe ich nichts Scharfes schmecken können, kann ja sein, dass sie scharf war.... Glaub ich aber nicht.

Auf der kleinen Konfirmationsfeier, wo es die Suppe gab, war es sehr schön. Ich dachte nicht, dass ich so lange durchhalten würde (von 11 Uhr bis 17 Uhr), und dann noch so lange dabei stehen kann. Heute morgen dachte ich nämlich, ich kipp gleich um, wenn ich länger als 5 Minuten stehen soll.

Jedenfalls: dennoch fühle ich mich so, als würden meine Blutwerte diesmal tatsächlich so tief im Keller sein wie nie. Morgen werden wir sehen. Ich habe ein bisschen Angst, dass es so schlimm aussieht, dass die mich gleich dabehalten wollen.... Nein, das darf nicht passieren.

Für die nächste Chemo habe ich beschlossen, auf einer geringeren Dosis zu bestehen. Sollen sie so tun, als würde ich 5 kg weniger wiegen. Das Argument, dass das dann nicht ausreichen würde, um die Krebszellen optimal zu bekämpfen, zieht meiner Meinung nach nicht. Denn an den Blutzellen sieht man ja, dass die Zytostatika bei mir viel stärker wirken als beim Durchschnitt der anderen Patientinnen. Das geht auch konform mit der Wirkung von anderen Medikamenten. Ich brauche im allgemeinen eine viel geringere Dosis als andere Menschen. Das ist mir besonders bei Schmerzmitteln aufgefallen. Mein Hausarzt wunderte sich schon des öfteren, mit wie wenig Paracetamol ich ausgekommen bin.
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Fatigue
Ich habe einen Link gefunden, bei dem die Ursachen der Fatigue sehr gut beschrieben sind. Demnach ist es sehr wohl wichtig, dass mein Hb-Wert über 12 bleibt. Ich merke die Symptome alle sehr deutlich an mir. Ich bin schnell erschöpft. Ich bin antriebslos. Ich muss mich aufraffen, um mir selbst Essen zu machen. Ich bin müde. Und dann kommen immer wieder so Schüttelfrostanfälle. Mir ist aufgefallen, dass ich die besonders kurz vor der Mitte zwischen den Chemos bekomme. Manchmal habe ich am Ende leichtes Fieber (aber noch unter 38 Grad). Heute abend war es mal wieder ganz schlimm. Ich hatte gar keinen Appetit. Als ich am Abendbrottisch saß, schlotterte ich wie Espenlaub. Gänsehaut bis dorthinaus. Ich hab ein wenig Paprika gegessen und mir dann ein Brot mit magerem gekochten Schinken gemacht. Dann habe ich mich ins Bett verkrümelt, damit mir wieder warm wird. Nachdem der Schüttelfrost weg war, habe ich Fieber gemessen, hab aber keins.

Im Bett habe ich mit meinem Sohn "Mensch ärgere Dich nicht" gespielt. Aber wie das so bei diesem Spiel ist, wenn man verliert, ärgert man sich, besonders, wenn man 5 Jahre alt und ein schlechter Verlierer ist... Ich erzählte ihm, dass es doch darauf ankommt, miteinander zu spielen. Die Zeit, die wir miteinander verbringen, die ist kostbar. Wir spielten dann noch Mau-Mau, und auch da gab es Tränen, weil ich mal 2mal hintereinander gewonnen hatte *seufz*. Ich habe mich geweigert, mit Eike Mühle oder Dame zu spielen, denn dabei kann ich nicht künstlich verlieren, und das Spiel wird eh nie zu Ende gebracht, weil das Brett irgendwann wütend umgeworfen wird. Aber ich schweife ab....

Jetzt ist mir wieder warm. Ich habe gelesen, dass das Blut auch für den Wärmehaushalt verantwortlich ist. Kann also sein, dass auch dies eine Folge der Chemo ist. Auf der Seite über das Fatigue-Syndrom heißt es, dass man das mit dem Hormon Erythropoetin behandeln kann, besser noch als über eine Bluttransfusion, die nur kurzzeitig wirkt und die Transfusion einige Stunden dauert.
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Durchhalteparolen
Während es mir direkt nach der Chemo gar nicht mal so schlecht ging, hat es mich die letzten Tage richtig umgehauen. Prompt, als Eike wieder zuhause war, war ich vom Durchfall so geschwächt, dass meine Schwiegermutter kommen musste. Sie ist ein wahrer Schatz. Sie brachte Eike in den Kindergarten, sie brachte meinen Haushalt auf Vordermann - während ich den ganzen Tag im Bett oder auf der Toilette verbrachte.

Ich verfluchte die Chemo ein weiteres Mal, es kamen Gedanken auf, das Ganze hinzuschmeißen. Ich hab keinen Bock mehr, ich will nicht mehr! Aber dann war ich beim Frauenarzt - und der ist auch ein wahrer Schatz - denn er spürte genau, was in mir vorgeht und baute mich wieder auf. Es klang zwar so ein bisschen wie Durchhalteparolen, aber es wirkte. Und außerdem bin ich ja eh nicht der Typ, der was anfängt und nicht zu Ende bringt. Auch von Freundinnen bekam ich zu hören, dass ich den Rest wohl auch noch schaffe. Ist ja nur noch einmal Chemo.

Nun habe ich auch schon den Termin für das Planungs-CT als Vorbereitung für die Strahlentherapie. Es hilft auch, sich gedanklich schon mal damit zu befassen - um sich von den Folgen der Chemo abzulenken. Und das Gefühl, dass die Strahlentherapie nicht mehr so belastend sein wird wie die Chemotherapie, das gibt mir auch wieder Auftrieb.

Eben habe ich etwas in der Sonne auf der Terrasse gesessen, nicht lange, denn ich muss ja aufpassen, dass ich mir nicht noch einen Sonnenbrand weghole. Aber so ein paar Minuten wird ja wohl gehen. Ich habe einen geschälten Apfel gegessen. Geschält, weil auf der Schale auch nach dem Abwaschen Keime sitzen können, gegen die ich mich momentan nicht wehren kann. Ich bin gespannt, wie die Blutwerte Montag aussehen werden, aber ich gehe mal davon aus, dass ich wieder Granocyte bekommen muss.
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Sonnenschein und Müdigkeit
Nun lacht draußen die Sonne, aber so richtig genießen kann ich es nicht. Es ist ziemlich windig bei uns auf der Terrasse. Aber zumindest baut mein Mann fleißig am Zaun und hat heute denselben gestrichen. Bei dem Wind und dem Sonnenschein trocknet die Farbe schnell, und schon sind auch die Blumenkästen drauf!

Ich bin derweil meist am Schlafen. Vormittags, nach dem Mittagessen, am Nachmittag auf dem Sofa.... Ich vermute, dass der Hb-Wert und die gerade wenigen roten Blutkörperchen die Ursache sind. Ich fühle mich dermaßen schlapp wie noch nie. Donnerstag habe ich einen Termin bei meinem Frauenarzt, vielleicht verpasst er mir ja Eisentabletten.

Mit dem Sonnenbaden soll ich auch aufpassen, sagte die Ärztin im KH. Ich bin da eh vorsichtig, möchte die trockene Haut nicht auch noch mit nem Sonnenbrand belasten.

Gedanklich bin ich jetzt schon so langsam bei der Strahlentherapie. Ich muss morgen da anrufen und einen Termin für das Planungs-CT vereinbaren. Ich bin ja gespannt, wie das so abläuft. Ob ich da mit den Physikern fachsimpeln kann, oder ob ich da wieder "nur" mit Gerätebedienern zu tun habe, die gerade mal wissen, wie sie mit der Maschine umgehen sollen? Ich will deren Arbeit keineswegs gering erachten, im Gegenteil. Aber ich würde schon gern wissen, wie das alles funktioniert.
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5. Chemo
Heute morgen habe ich bei der Blutbildkontrolle gefragt, mit welcher Genauigkeit die Werte bestimmt werden können. Naja, befriedigend war die Antwort nicht: sehr genau. Ich hätte da schon gern eine quantitativ nachvollziehbare Angabe gehabt. Ich hab es aber aufgegeben, weiter nachzufragen, weil ich keinen in Verlegenheit bringen wollte.
Der Leukowert liegt heute bei 4,1. Hm, das ist zwar alles im Normalbereich, aber ich hab schon mehr erwartet. Auch Hb-Wert und rote Blutkörperchen waren heute sehr niedrig und fielen aus dem Referenzbereich raus. Ich ahne schon die nächsten Granocyte-Spritzen, die sicherlich in eineinhalb Wochen wieder sein müssen.

Angepiekst wurde heute am Handrücken. Sieht bisher alles ganz gut aus, hoffentlich bleibt das beschwerdefrei. Mit mir auf dem Zimmer war eine Frau, die ebenfalls die 5. Chemo hatte. Wir haben uns so angeregt unterhalten, dass ich die Hälfte der Kochsalzlösung verpasst hatte :-). Aber mit Kochsalzlösung sind sie nicht geizig, hieß es, ich bekam anschließend noch Nachschub zum Spülen.

Mein Mann hat derweil Holz für einen neuen Windschutz für unsere Terrasse gekauft. Den hat er heute nachmittag gleich verarbeitet, während ich geschlafen habe. Mit auf der Terrasse sitzen war heute nix, der Wind war doch sehr heftig, und der Windschutz war halt nicht fertig!

Gestern war es viel schöner, so ohne Wind. Ich dachte noch so - im Hängesessel sitzend - wie glücklich ich eigentlich bin, gerade in jenem Moment. Ich hörte das Vogelgezwitscher, die Sonne schien, und mich zwickte gerade mal nichts. Es war ein herrliches Gefühl. Klar, der Gedanke an den Krebs bleibt immer im Hinterkopf, aber es belastete mich nicht sonderlich.

Nun bin ich wieder sehr müde, das Bett ruft!
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