Wie ein Baby im Mutterleib
eikesmom, Donnerstag, 25. Oktober 2007, 17:22
Der Raum, in den ich geführt werde, ist tropisch warm. Ein ca. 5 mal 7 m² großes Schwimmbecken nimmt den größten Teil des Raumes ein. Die Wand dahinter ist türkis bemalt. Durch eine breite bis zum Boden reichende Fensterfront fällt helles Sonnenlicht herein.
Ich warte auf einer Rattanliege, bis ich an der Reihe bin.
Dann sind der Therapeut und ich im Wasser. Ich bekomme alles Wichtige erläutert und dann - nichts tun. Eine Stunde lang.
Mein Kopf ruht auf einem Nackenkissen, meine Beine auf einer schwimmenden Stütze. Die Augen habe ich geschlossen. Als meine Ohren ins Wasser tauchen und dort bleiben, wird alles still - nur ein leichtes Gluckern ist zunächst zu hören. Ich lausche meinen Gedanken, aber diese verstummen auch bald.
Ich lasse mich treiben. Ich werde im Wasser bewegt. Ich spüre die Strömung an meinem Körper. Mein linker Arm wird hinter den Rücken geführt und das Schulterblatt unter Wasser massiert. Dann der rechte. Der linke Arm wird gestreckt, dann der rechte. Immer wieder spüre ich die Strömung des Wassers.
Vibrationen erfüllen meinen Körper - sie werden erzeugt durch Klangschalen auf meinem Brustbein, Bauch und Händen. Luftblasen kitzeln meinen Rücken entlang. Ich höre den Klang der Klangschalen durch das Wasser.
Dann werden Nacken- und Kniestütze entfernt. Arme halten mich nun über Wasser.
Wie eine Ziehharmonika werde ich zusammengedrückt und dann wieder gestreckt. Ich bekomme eine Nasenklammer und muss durch den Mund atmen. Auf ein Klopfzeichen hin atme ich ein und halte den Atem an. Dann werde ich untergetaucht. Zuerst nur kurz. Dann immer länger. Die Bewegung im Wasser ist nun dreidimensional. Der Gedanke an ein Baby im Mutterleib, im Fruchtwasser, drängt sich auf. Ob sich ein Baby im Bauch der Mutter so fühlt wie ich es jetzt fühle? Der einzige Gedanke ist das. Alles andere, der Alltag, ist weit weg, nicht mehr spürbar. Ich bin allein in meinem eigenen Universum. Alles, was ich tue, ist Spüren, Empfinden. Es gibt keine Vergangenheit und keine Zukunft, nur das Jetzt und Hier.
Eine Fußmassage bildet den Abschluss. Ich werde wieder auf meine Beine gestellt. Ich bin aufgewühlt. Fast traurig, dass es vorbei ist. Aber viel stärker ist die Dankbarkeit, dass ich es erleben durfte.
okavanga
29.10.2007 23:54
Das klingt phänomenal! Wie nennt sich sowas?
eikesmom
30.10.2007 01:43
Da, wo ich war, nannte man es "Sanftes Wasser". Allgemein findet man es im Internet unter Aqua-Wellness. Die Therapeuten nennen sich Aqua-Wellness bodyworker.
Und es IST phänomenal! :-)
violinista
02.11.2007 00:31
Es hört sich wirklich toll an.
Etwas ähnliches habe ich in meiner Teenie-Zeit immer mit meiner Busenfreundin im Schwimmbad gemacht. Natürlich hatten wir dort nicht so ein harmonisches Ambiente und auch keine Klangschalen zur Hand und auch ansonsten ging es wesentlich sportlicher dabei zu. Eine von uns hat sich völlig locker, fast leblos ins Wasser gelegt und die andere hat sie dann herumgezogen und getragen, auch hin und wieder untertauchen lassen, aber natürlich haben wir immer darauf geachtet, dass diejenige, die getragen wird, auch genug Luft bekommt.
Leider habe ich später nie wieder jemanden gefunden, mit dem das möglich war. Entweder wurde mein Vorschlag von vornherein als blödsinnig abgewiesen oder es fehlte an dem nötigen Vertrauen, sich völlig fallen lassen zu können.
Die Methode, zunächst zusätzlich von einem Nackenkissen und einer Beinstütze getragen zu werden, macht es sicher leichter, sich dafür öffnen zu können.
Und überhaupt finde ich es schön, dass unsere Spielereien von vor knapp 30 Jahren nun richtig ausgereift sind und sogar einen eigenen Namen bekommen haben.
:-)
eikesmom
02.11.2007 10:38
Ich könnte mir vorstellen, dass selbst Menschen, die man Freunde nennt, dies als blödsinnig ablehnen, weil sie selbst nicht genug Vertrauen aufbringen, sich fallen zu lassen. Es ist sicherlich auch nicht Jedermanns Sache. Mein Mann zum Beispiel konnte sich nicht so fallen lassen wie ich.
Und es macht auch viel aus, wie gut der Bodyworker ausgebildet ist. Er (oder sie) muss ja an der Körpersprache erkennen, ob das gerade richtig ist, was er (oder sie) tut. Wir hatten vereinbart, dass ich den Finger hebe, wenn irgendwas nicht so läuft, wie es mir gefällt. Aber es war alles gut!
kerstin13
03.11.2007 23:55
Oh wow, das klingt wunderbar. Das würde mir auch gefallen. Und wie sehr ich mir Dein Bedauern vorstellen kann, nachdem Du wieder auf Deinen Füssen standest. Wie schön, dass Du das erleben konntest:)
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